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„Vom Isonzo zum Balkan“ (1917) und „Franz Joseph I. im
Bilde. Eine Reihe zeitgenössischer Darstellungen aus dem
Leben des Kaisers und Königs“ (1918). Am ersteren arbeiteten
auch Paul Stefan, den Rheinhardt aus dem Vorstand des
„Akademischen Verbandes für Literatur und Musik in Wien“
kannte, sowie Franz Theodor Csokor mit. Rheinhardts Aufsatz
mit dem Titel „Die Wunder Dalmatiens“ ist keine Kriegs¬
propaganda, sondern ein schwärmerischer Text über die land¬
schaftlichen Schönheiten Dalmatiens und eine Huldigung an
die Stadt Ragusa/Dubrovnik. (Auch im Gefängnistagebuch er¬
innerte er sich an den Fischmarkt von Ragusa.) Der zweite
Band zeigt auf 160 Kunstblättern Porträts des vorletzten
Kaisers der Habsburgermonarchie. Das Exemplar der Öster¬
reichischen Nationalbibliothek in Wien ist heute im Lesesaal
der Porträtsammlung aufgestellt.

Rheinhardt wechselte in dieser Zeit häufig seinen Wohnort,
lebte aber meistens im noblen Cottageviertel in Wien-Döbling.
Im Juli 1917 wurde die Ehe mit Emmy Heim geschieden.

Bis 4. August 1918 versah er seinen Dienst im Kriegsarchiv
und wurde danach als Zensor zur k.u.k. Telegramm-Zensur¬
kommisson Wien versetzt.

Das Kriegsende im November 1918 dürfte bei Rheinhardt ähn¬
liche Hoffnungen auf eine neue, gerechtere Gesellschafts¬
ordnung geweckt haben wie bei vielen anderen durch
Fronterlebnisse zu Pazifisten gewordenen jungen Künstlern
und Intellektuellen. Bereits im Februar 1918 erschien die erste
Ausgabe der vom späteren Begründer der Gruppenpsycho¬
therapie Jakob Moreno Levy (1889-1974) herausgegebenen
Zeitschrift „Daimon. Eine Monatsschrift“. Rheinhardt, der
Moreno Levy vermutlich bereits während seines Medizin¬
studiums kennengelernt hatte, fungierte in dieser expressioni¬
stischen Zeitschrift als Redakteur, war auch — neben Moreno
Levy — namentlich am Titelblatt angegeben. In der als
„Prolog“ bezeichneten Ausgabe findet sich auch Rheinhardts
in Versen abgefaßter „Aufruf an die jungen Menschen“, in dem
er die Jugend zur Veränderung der Gesellschaft aufforderte.
(Diesen Text nahm er auch in sein 1920 erschienenes Buch
„Die unendliche Reihe. Gedichte und Aufrufe‘ auf.) Weitere
Autoren dieses ersten Heftes waren Otokar Brezina, Max Brod,
Albert Paris Gütersloh, Jakob Wassermann, Ernst Weiß, Franz
Werfel und Alfred Wolfenstein. Im zweiten Heft veröffent¬
lichten auch Franz Blei, Alfred Döblin und Robert Musil, im
vierten, im August 1918 erschienenen Heft stießen Georg
Kaiser und Robert Müller zu den Autoren des „Daimon“ (ein
drittes Heft kam nie heraus). Nach Kriegsende kam die
Zeitschrift noch im Jänner 1919 unter dem Titel „Der neue
Daimon. Eine Monatsschrift“ in zwei Heften heraus, wobei das
zweite ein Franz Werfel gewidmetes Sonderheft war.
Rheinhardt. veröffentlichte „berechtigte Übertragungen“ von
Texten des französischen Autors Francis Jammes, scheint aber
nicht mehr als Redakteur auf. Im selben Jahr publizierte er
auch Jammes’ Buch „Das Paradies. Geschichten und Be¬
trachtungen“ in seiner Übertragung im bedeutendsten Verlag
des Expressionismus, bei Kurt Wolff in Leipzig, und bei S.
Fischer in Berlin erschien sein Gedichtband ‚Tiefer als Liebe“

Rheinhardt war somit eine der zentralen Figuren des litera¬
rischen Expressionismus Wiens. 1920 gab er die Anthologie
„Die Botschaft. Neue Gedichte aus Österreich“ heraus, das
österreichische Pendant zu Kurt Pinthus’ 1919 unter dem Titel
„Menschheitsdämmerung“ veröffentlichten, weitaus berühm¬
teren Sammlung des deutschen Expressionismus. Allerdings

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ging Rheinhardt bei der Auswahl der Autoren nicht so konse¬
quent vor wie Pinthus. Es finden sich eine Reihe von
Gedichten, die den Kriterien expressionistischer Literatur we¬
der inhaltlich noch formal entsprechen. So wählte er neben sei¬
nen eigenen Texten etwa Gedichte von so unterschiedlichen
Autoren wie Franz Blei, Felix Braun, Max Brod, Theodor
Däubler, Hans Flesch-Brunningen, Oskar Maurus Fontana,
Albert Paris Gütersloh, Paul Kornfeld, Georg Kulka, Georg
Trakl, Johannes Urzidil, Ernst Weiß, Franz Werfel, Martina
Wied, Stefan Zweig, aber auch vom späteren „Blut-und-Bo¬
den“-Autor Max Mell aus. Ähnlich wie in der „Menschheits¬
dämmerung“ nahm auch hier Franz Werfel den breitesten
Raum ein.

Im August 1920 heiratete Rheinhardt zum zweiten Mal. Die
Hochzeit mit Gerty Felice Landesberger fand in Bad Aussee
nach evangelischem Ritus statt. Arthur Schnitzler, ein Freund
der Familie Landesberger, war als Trauzeuge vorgesehen.
Schnitzler, der Rheinhardt nicht besonders schätzte'?, notierte
dazu am 26. August in seinem Tagebuch: „In Altaussee [!] heu¬
te Hochzeit Gertys, wo ich hätte Trauzeuge sein sollen — daher
Hinreise verschoben. Taktlosigkeit Gertys und Streberei
Alphonse Emils.“'? Gerty Felice Wolmut, wie seine Gattin
nach ihrer zweiten Heirat hieß'*, erinnert sich lapidar: „Wir wa¬
ren vorher Lutheraner geworden, ich wollte nicht katholisch
heiraten, und er war ein abgefallener Katholik.“'’ Ihre Ehe ver¬
lief äußerst unglücklich, da Rheinhardt alles andere als ein
treuer Gatte war. Er hatte zahlreiche Verhältnisse, von denen
seine Frau aufgrund einer mehr als sonderbaren Marotte wu߬
te: „Er hatte die Gewohnheit, mich in die Details dieser Affären
einzuführen, was keine Frau gern hört. Er hatte die sonderba¬
re, fast perverse Ansicht, daß er mit einer Frau nur sehr gut ste¬
hen konnte, sie lieben konnte, wenn seine legitime Gattin ja zu
ihr sagte.“° Dies änderte sich auch nach der Ubersiedlung
Ende 1920 nach München nicht, wo Rheinhardt bis 1924 als
Lektor für den Drei-Masken-Verlag arbeitete.

Zwischen 1922 - der Erzählung „Ferien“ — und 1928 gab es
keine Buchveröffentlichung mit eigenen Texten Rheinhardts.
Die Krise des Expressionismus war auch zu einer persönlichen
Krise des Autors geworden. „Er war ein blendend guter Er¬
zähler“, erinnert sich Wolmut, „konnte die schönsten Ge¬
schichten erfinden und erzählen, aber sie zu schreiben, hatte er
oft große Hemmungen. [...] Ich weiß nicht, wie viele Romane
selbst in der kurzen Zeit von zwei Jahren Ehe ich gesehen
habe, die er nicht fortsetzte, von Geschichten, die er nicht
schrieb.“ Allerdings erschienen in dieser Zeit eine ganze
Reihe von Nachdichtungen und Übersetzungen, bei denen ihm
zunächst auch seine Frau behilflich war.“ E.A. Rheinhardt hat¬
te den Auftrag bekommen, ‚Le Peau de Chagrin’ von Balzac
ins Deutsche zu übertragen“, erinnert sie sich. „Da er nicht
Französisch konnte, machte ich in der Staatsbibliothek Mün¬
chen die Rohübersetzung, und er diktierte mir dann eine wun¬
derschöne deutsche Übersetzung in die Maschine.“ So
erschienen 1921 „Die tödlichen Wünsche“ und 1925 „Glanz
und Elend der Kurtisanen“ von Honore de Balzac, 1926 „Die
Erziehung des Herzens“ von Gustave Flaubert”? sowie ,,Das
Paradies der Tiere“ von Francis Jammes und 1927 „Geschich¬
ten aus Simla“ von Rudyard Kipling. Auch Kiplings Buch
übersetzte zunächst Gerty Felice Wolmut; in Rheinhardts
Bearbeitung kam es dann heraus. Außerdem betätigte er sich
als Herausgeber einer fünfzehnbändigen Romanedition, die ab
1925 unter dem Titel „Epikon“ erschien und Neuübersetzun¬
gen klassischer Romane auf den Markt brachte.