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grenzüberquerung

von guatemala nach nicaragua
nicaragua nach guatemala

die grenzen: honduras, el salvador.
pass, papiere, wer Sie sind,

wohin gehts.

leute an den grenzen.

reiche touristin, kaufe!

von armut zu armut

ein land nach dem anderen

leute mit körben auf ihren köpfen,
bananenchips mit kraut. früchte.
bunte säfte in plastiksäckchen eingefüllt.
leute die warten.

leute die lachen.

ärmlich gekleidet, viele kinder.
neugierige blicke, grosse kinderaugen.
manche reden mit mir.

ich bin weiss.

könnte ich die grenzen

überschreiten. einmal nur. die grenzen.
in den chickenbusses

(tiere, säcke, essenskörbe, kinder)
kein platz, ich throne auf

meinem rucksack, schreibe.

die landschaft, wenige häuser,
dächer aus stroh, grün, bäume, hügel.
später nachmittag, im radio

ein lied: i will survive.

ein trauerzug. leute, die die nachricht
eine todes soeben vernommen haben.
sie halten sich

wanken

schwanken

der bus wird langsamer

an der unfallstelle kreuzt man holz
die leute gehen heim

sie halten sich
(wanken, schwanken)
unter tränen.

ich möchte aufspringen
einmal nur

die grenzen überschreiten
die grenzen

im radio ein
lied: i will survive.

maya

wir verbieten eure sprache

wir verbieten eure identität
wir verbieten eure erzählungen
sprecht nicht sprecht nicht
schweigt schweigt

ihr seid nichts

seid nichts

mehr

schweigt.

(ohne identität kein zuhause. dort, wo nicht gesprochen wer¬
den darf, stirbt der mensch seinen inneren tod. er war zeuge.
ihm wurde unrecht zugefügt. ihm wurde das sprechen verbo¬
ten. um seine identität wieder zu erlangen: lasst ihn sprechen)

massaker

als sie ein fest feierten

und die armee

plünderte, vergewaltigte, erschoss
und die mütter

den kindern

die augen zuhielten

damit sie das

blut

nicht sahen

(und die kinder schrien

zu dem gelächter der soldaten)

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Marktszene. Foto: B. Schiefer 1998

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