Elazar Benyoétz
Auf sein Erlöschen hin entzündet
Eine Danklesung
Krems, 14. Mai 2010
„Das Leben ist kurz, die Kunst lang, die Gelegenheit flüchtig...“
Täglich erwacht man zu diesem Satz, zum ersten Aphorismus, der Auftakt
und Schlußfolgerung, Verzagen und Verzögern in sich vereint.
„Das Leben ist kurz, die Kunst lang, die Gelegenheit flüchtig...“
Am Ende des Tages, weiß jeder: Es geht nicht um die Länge.
Der Tag, wie immer er verläuft, das Leben, wie immer es sich abspielt,
sie sind nicht verlängerungsbedürftig, sie haben ihren Rhythmus,
der sein Ende nimmt, wie eingegeben.
Auch das Ende muß seinen Anfang nehmen.
Erwartungen drängen, Hoffnung läßt auf sich warten.
Es geht im Satz wie im Leben nicht um kurz oder lang,
sondern um Fülle und Armut.
Auch Kürze kann hinlänglich sein.
Der Satz macht dem Wort ein Ende
und öffnet uns den Sinn dafür
Der Aphorismus leuchtet ein, wie ein erster Funke, und hält an,
wie ein letzter Atemzug
Aphoristik war schon immer die Form der Zukunft: nuklear
Es werde Licht!
Besseres wollte auch dem Schöpfer nicht einfallen
Die höchste Leistung
des Geistes:
Worte in Sprache
verwandeln
Worte,
die beleuchten;
Worte,
die Schatten spenden;
hingestreute Worte,
mundfern
in Sprache aufgelöst
Die Sprache
bestimmt uns;
wir sind nur
tonangebend
Eine Handvoll Worte¬
das Brot des Lebens;
Eine Handvoll Worte —
die Krümel der Jahre
Jahre —
Vertriebene eines Lebtags,
zu einem Gedicht
versammelt
Gott sprach: Es werde Licht!
Und es ward Licht:
Abraham glaubte - und es gab Feuer,
und es begann das älteste Spiel mit dem Feuer.
Das Feuer aber ist nicht das ganze Licht
Der Gedanke trägt sein Licht
in die Endlichkeit,
das Gedicht malt sie aus.
Das Licht eines Wortes
ist nicht auszumachen.
Bei Licht besehen
geht auch die Sonne unter
Im Anfang war das Wort:
Es werde Licht!
Bei Licht besehen war das Wort
nicht mehr im Anfang
Der Allmächtige greift ein
und entzieht sich
Das göttliche Licht
steht im Schatten der Worte
Sechsmal hintereinander
kam die Schöpfung an den Tag;
Sechs Tage traten ihr Licht
an den siebenten ab,
in dem der Schöpfer,
bewegt, nichts mehr bewegend, einzog
und alles ins Dasein Gerufene segnete
und sein ließ
Schabbat,
die lichtumflossene
Gelassenheit Gottes