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Zeitung hören. Doch prophezeih‘ ich, die Erwählung fällt auf
Fortinbras / Coudenhove-Kalergi. Er hat mein sterbend Wort.“
Was also den Ausgang dieses Weltschlachtens betrifft, bin ich und
bleibe ich der Optimist. Ich wünsche aus tiefster Seele, daß die
kommenden Friedensmacher endlich einmal gelernt haben und
einen gerechten, gerechten, gerechten Dauerfrieden stiften. Um
alles in der Welt keine Rache! Rache trifft fast nie den Schuldigen.
Rache erzeugt wieder Rache und kann der Menschheit nicht die
lang ersehnte Ruhe und Befriedung bringen.

Erzherzog Carl sagt am Ende seiner Befreiungskriege:“Die künf¬
tige Ruhe von ganz Europa kann nur dann erreicht werden, wenn
die Moral den ihr gebührenden Platz wieder erhält und wenn
künftig die Erwägung des Rechtes, aber nicht, wie in den verflos¬
senen 25 Jahren, die bloße Berechnung der Kraft, zur Grundlage
des Beginnens einzelner Menschen sowie der Staaten angenommen
wird.“ (Viktor Bihl, Erzherzog Carl).

Ich habe hier von den Schurkereien unseres Dr. Slovak erzählt.
Kann man deswegen sagen, daß alle Internierten Spione und
Kriecher sind? Sofort nenne ich gute Menschen wie Enrico Ro¬
senbaum, Dr. Paolo Molvano, Dr. Gino Pincherle, Dr. Bruno
Pincherle, Dr. Rezo Bonfiglioli, Professor Artom, Ingenieur Jäger,
Schriftsteller Maurus Mezei und viele andere Internierte. Ich habe
die Niederträchtigkeit eines Grillo angeprangert. Kann man des¬
wegen alle anständigen Italiener bestrafen? Ich brauche nur auf die
Herzensgüte und den großen Mut jener italienischen Bauern zu
verweisen, die unter eigener und großer Gefahr für die ganze Fa¬
milie den Flüchtlingen wie mir Schutz, Wohnen und Essen gaben.

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Das zerrissene Doktordiplom im Archiv der Universitat Wien. Foto: Herbert Posch

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gegenüber seid milde und gerecht, ihr Friedensstifter und Frie¬
densgötter. Um jenen Fleischermeister aus Frankfurt, um jenen
Leutnant in Sforzacosta, um seiner Leute willen[...], sie alle sind
gutes, bestes Deutschland und verdienen nicht, mit den Schuldigen
bestraft zu werden. Das wäre Rache. Bestraft die Verbrecher, Räu¬
ber und Mörder, aber macht nicht den Fehler der Nationalisten,
indem Ihr Unschuldige mitverderbt. [...] Denn zu allen Zeiten
gab es, gibt es und wird es gute und schlechte Menschen geben.
[...] Man schaffe die echte natürliche Weltordnung, in der einzig
und allein das Gute daseinsberechtigt lebe, das Schlechte hingegen
mit allen Erfindungen und Mitteln der modernsten Kriegstechnik
bekämpft werde.

Und fragt man mich, was das Gute und was das Schlechte ist,
so brauche ich nur auf die 10 Gebote des Sinai zu verweisen, über
die sich der Nationalsozialismus so erhaben dünkt.

Mögen die kommenden Staatslenker ja keine Kosten scheuen,
um [von] Staats wegen Lehrer und Priester in der Lehre des Glau¬
bens zu unterstützen, damit diese Urgebote jeglichen menschlichen
und kulturellen Gemeinschaftslebens im Bewußtsein und Herzen
der Menschen schon von Kind an Wurzel fassen können.

Leb wohl, geliebter Freund!

Bis zum letzten Augenblick hoffe ich doch noch auf ein Wieder¬
sehen. Ich küsse dich, die Tante, Deine Kinder und Kindeskinder.
Grüße mir May, ihren Buben, ihren Gatten, sowie Mutti, Heidi
und Elly. Und zu aller-allerletzt verabschiede ich mich von meiner
deutschen Schwester Anna, ihrer deutschen Familie und meiner
geliebten Ditty in Wien. Ich habe solche grenzenlose Sehnsucht
nach einem einzigen Kuf von ihr.

„Der Rest ist Schweigen.“

Jakob

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