geschrieben von Eugen Strehn und Hugo Wiener für die Premiere in
diesem Lande. Im Teatro Faenza, wo in seiner volkstümlichen Spielzeit
derzeit mit großem Erfolg das Wiener Ballett gastiert, wurden laut „EI
tiempo“ mehrere Nummern bodenständiger kolumbianischer Tänze
in Szene gesetzt, in deren Ausführung die schönen Wiener Mädchen
Kunst, Liebreiz und Anmut im Überfluss zeigen.
Danach trennten sich die Tänzerinnen von der Truppe und
das Ensemble war plötzlich auf nur noch wenige Mitglieder zu¬
sammengeschrumpft. Man beschloss, unter dem Namen „Los
ases de Viena“ („Die Asse aus Wien“) auf eine weitere Tournee
(Personen: Der Gatte, Der Freund, Der Diener, Die Pflegerin. Gatte
geht aufgeregt auf und ab. Diener, junger, hübscher Mensch steht im
Hintergrund. Er hält in der Hand eine Kognakflasche, in der anderen
ein Tablett mit zwei Gläsern.)
Gatte (geht aufgeregt auf und ab): Geben Sie mir noch einen Ko¬
gnak — jetzt kann es jeden Moment so weit sein! (Trinkt. Pflegerin
geht über die Bühne): Wie steht es, Schwester?
Pflegerin: Habe keine Zeit! (Geht auf der anderen Seite ab.)
Gatte (zum Diener): Geben Sie mir noch einen Kognak! (trinkt).
Freund (tritt auf): Servus, Hans!
Gatte: Servus!
Freund: Was ist denn los? Warum bist du denn so aufgeregt?
Gatte: Das weisst Du nicht? Meine Frau kann doch jeden Mo¬
ment Mutter werden! (Zum Diener): Geben Sie mir noch einen
Kognakl (Trinkt).
Freund: Ich verstehe Dich nicht! Das ist doch etwas, was jede
Frau einmal machen muss! Das geht doch vorüber!
Gatte: Bei meiner Frau nicht! Dir kann ich es ja sagen! Ich habe
mir vor fünf Jahren von einer Zigeunerin weissagen lassen und
da wurde mir folgendes prophezeit: Wenn meine Frau einmal ein
Kind bekommt und es ist ein Mädchen, dann stirbt die Mutter.
Wenn aber das Kind ein Bub ist, dann stirbt der Vater!
Freund: Moment! Hat sie gesagt, es stirbt der Gatte oder direkt
der Vater?
Gatte: Der Vater!
Freund (plötzlich auch ängstlich, zitternd zum Diener): Geben Sie
mir auch einen Kognak! (trinkt).
Gatte: Jetzt wirst Du meine Aufregung verstehen! Ein Unglück
geschicht auf jeden Fall! Entweder stirbt sie oder ich!
Freund (zitternd beiseite): Oder ich!
Pflegerin (tritt auf): Herr Müller! Ein Bub!
Freund (zusammenschnappend): Ein Bub?
Gatte (ebenso): Jetzt stirbt der Vater!
Diener (Im Hintergrund fällt tot um).
Revuevorhang fallt.
Die Nerven und die Geduld des Ensembles wurden durch diverse
Missstände und bürokratische Hürden während der gesamten Tour
auf eine harte Probe gestellt. Die Geldreserven schrumpften, in
Caracas kam man völlig mittellos an. An eine Fortführung der
Tournee war nicht zu denken. In der Folge löste sich die Truppe
aufund Cissy Kraner und Hugo Wiener, die inzwischen zueinan¬
der gefunden hatten, begannen mühsam, sich eine neue Existenz
aufzubauen. Cissy Kraner reflektiert mehr als 65 Jahre später die
Eigenschaften, die sie an Wiener beeindruckten:
Mir imponierten seine Intelligenz, seine geschliffene Sprache, sein
feiner Humor. Aber vorerst tat er mir leid, ich empfand nur Mitleid
zu gehen, die über Venezuela bis nach Argentinien führen sollte.
Zum Repertoire gehörten nun einige Sketches Wieners aus
seiner Zeit in der „Femina“, die er wieder mithilfe eines Kollegen
übersetzte. Zwischen den einzelnen Programmpunkten wurden
als Überbrückung „Instantaneas“ („Gespielte Witze“) gegeben,
Cissy Kraner agierte wieder als Conferenciére.
Einer der heute noch erhaltenen Sketches mit dem Titel „La pro¬
fecia“ („Die Prophezeiung“) soll nun als Beispiel der gebrachten
Nummern abgedruckt werden.’
(Personen: Der Gatte, Der Freund, Der Diener, Die Pflegerin. Revue¬
vorhang geht auf. Gatte rennt aufgeregt auf und ab. Diener, junger,
hübscher Mensch steht im Hintergrund, neben einem Tischchen, auf
dem eine Kognakflasche und zwei Glaser stehen.)
Gatte: Déme usted mas una copita de brandy! Ahora puede entrar
el caso cada momento! (trinkt. Pflegerin geht tiber die Biihne.):
Cémo esta ella, hermana?
Pflegerin: Me perdone, sefior! No tengo tiempo! (Geht auf der
anderen Seite ab).
Gatte (zum Diener):Déme usted otro brandy! (Trinkt.)
Freund (¢ritt auf):Ola, Juanito!
Gatte: Ola!
Freund: Qué te pasa? Por qué estas tan alterando?
Gatte: Esto no lo sabes? Mi mujer esta para dar a luz de un mo¬
mento para otro! (Zum Diener): Déme usted otro brandy! (trinkt)
Freund: No te comprendo a ti! Esta es una cosa, que pasa a todas
las mujeres!
Gatte: A ti se te le puedo decir! (Erzdhlend): Hace cinco afios
me dejé profetizar de una gitana y ella me dijo lo siguiente: Si mi
mujer da a luz a una nena, entonces se muere la madre. Pero si
es un nene — entonces se muere — el padre!
Freund: Un momento! Ha dijo ella, que se muere el marido o
el padre?
Gatte: El padre!
Freund (pltzlich auch aufgeregt zum Diener): Demé usted tambien
una copita! (trinkt)
Gatte: Ahora vas a comprendrer mi excitacién! Oh que desgracia!
O se muere ella— o me muero yo!
Freund: O yo!
Pflegerin (stürzt herein): Sehor, sehor! Un nene!
Freund (erschrocken): Un nene?
Gatte (ausser sich): Ahora se muere el padre!
Diener (Im Hintergrund fällt tot um).
für diesen ruhigen, sympathischen Mann, der ununterbrochen an
zuhause dachte und sich große Sorgen um seine in Wien gebliebnen
Eltern, um seine Schwester und deren Mann machte. Im November
1938 erlebte ich in Kolumbien seinen totalen Zusammenbruch, als
wir aus Zeitungen von der sogenannten „Reichskristallnacht“, dem
ersten Judenpogrom in Österreich erfuhren. Hugo hatte panische
Angst um seine Angehörigen [...]. Er machte sich Vorwürfe, seine
Eltern allein gelassen zu haben, und dachte dauernd daran, wie er
sie nachkommen lassen könnte. Doch es war bereits zu spät, weder
gab es die Möglichkeit einer Ausreise, noch hätten die finanziellen
Mittel gereicht. [...] Aus Mitleid wurde Zuneigung. Je länger wir uns