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Staatsangehörigen“. Nach dem Reichsbürgergesetz (15. Septem¬
ber 1935) gelten sie nun als „Reichsbürger“. Die übrigen Be¬
wohner von Böhmen und Mähren sind nur „Staatsangehörige
des Protektorates Böhmen und Mähren“ (Art. 2 Abs. 1 und 2).
Zum Reichsprotektor wird Constantin Freiherr von Neurath
mit Amtssitz in Prag ernannt und als sein Stellvertreter Karl
Hermann Frank, vormals Stellvertreter Henleins in der SdP. Die
Slowakei wird, mit Ausnahme eines Streifens entlang Mährens,
nicht von deutschen Truppen besetzt. Unter dem Druck Hitlers
wird die erste Slowakische Republik gebildet und als deutscher
Vasallenstaat gegen Polen in Stellung gebracht. Tiso wird neuerlich
Ministerpräsident der Slowakei. Gleichzeitig annektiert Ungarn
entgegen dem Wiener Schiedsspruch die Karpato-Ükraine. Teile
der tschecho-slowakischen Regierung flüchten ins Ausland und
zahlreiche Armeeangchörige verlassen das Land Richtung Polen, bis
sie dann, meist über Frankreich, nach Großbritannien gelangen. Im
slowakisch-ungarischen Krieg (23. März bis 4. April 1939) verliert
die Slowakei die östlichen Gebiete des umstrittenen Landesteils.

3. April 1939: Veröffentlichung einer von Franz Werfel verfass¬
ten Protestresolution gegen die deutsche Besetzung der Tschechoslowa¬
kei in Paris. Unterzeichner u.a.: Fritz Brügel, Gina Kaus, Alfred
Polgar, Emil Alphons Reinhardt, Joseph Roth, Berthold Viertel.

Mit dem „Sudetengaugesetz“ (14. April 1939) dekretiert Hitler
die Bildung des „Reichsgaues Sudetenland“; und Henlein wird
zum Gauleiter und Reichsstatthalter ernannt (28. April 1939).

Bereits nach den Novemberpogromen 1938 konnten bis Anfang
September 1939 Tausende gefährdete Kinder und Jugendliche
aus der CSR, Polen, dem Deutschen Reich über die ÖSR in einer
Rettungsaktion nach Großbritannien einreisen.

1. September 1939: Mit dem Überfall des Deutschen Reichs auf
Polen stoßen auch Truppen des deutschen Vasallenstaats Slowakei
auf polnisches Gebiet vor. In Frankreich wird eine tschecho¬
slowakische Exilarmee (2. Oktober 1939) aufgebaut und der
Tschechoslowakische Nationalausschuss (17. November 1939)
wird gebildet, der nach der Besetzung Frankreichs nach London
verlegt wird. In der tschechoslowakischen Exilarmee sind sude¬
tendeutsche Sozialdemokraten nicht mehr als Deutsche ausgewie¬
sen, in einer ihrer Legionen dient auch Franz Werfel. Als direkte
Nachfolgeorganisation des Nationalausschusses, anerkannt von
Großbritannien am 20. Dezember 1939, gründet Edvard Bene$
die tschechoslowakische Exilregierung in London (13. Juli 1940).
Die von Benes am 21. Juli 1940 nominierte Exilregierung Jan
Srämek I wird durch die Sowjetunion und Großbritannien (18.
Juli 1941) anerkannt. Sie koordiniert und leitet den Widerstand
gegen die Besetzung im Protektorat Böhmen und Mähren und
die Kämpfe der tschechoslowakischen Exilarmee im Westen; eine
tschechoslowakische Armeeeinheit innerhalb der britischen Streit¬
kräfte wird am 25. Oktober 1940 gebildet.

Die von Young Czechoslovakia herausgegebene Zeitschrift Einheit
erscheint von Anfang 1940 bis November 1945 vierzehntägig
in London. Literarische Beiträge u.a. von Klara Blum, Ferdinand
Bruckner, Fritz Brügel, Erich Fried, Rudolf Fuchs, Hugo Huppert,
Anna Maria Jokl, Max Knight, Ludwig Winder, Eva Priester, Paul
Reimann, Ernst Sommer, Friedrich Torberg, Johannes Urzidil,
Margarete und EC. Weiskopf, Hermynia Zur Mühlen. Die zur
„sudetendeutschen Kulturkommission“ vereinigten Exilgruppen
betreiben den Verlag der Einheit, in dem 1944 auch die Antho¬
logie „Stimmen aus Böhmen“ herauskommt. 1943 schließt das
Free Austrian Movement (FAM) ein Abkommen mit der CSR¬
Exilregierung, die als erste Regierung die Wiederherstellung eines

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demokratischen Österreich fordert. Die CSR-Exilregierung erklart
sich bereit, österreichische Anliegen in interalliierten Kommis¬
sionen zu vertreten; eine österreichisch-tschechoslowakische Ar¬
beitsgemeinschaft wird gegründet.

27. September 1941: Übernahme der Amtsgeschäfte des stell¬
vertretenden Reichsprotektors durch Reinhard Heydrich, Karl
Hermann Frank wird im Herbst 1943 mit der Ernennung zum
Deutschen Staatsminister für Böhmen und Mähren belohnt.
Nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens der tsche¬
chischen Bewohner im Protektorat werden nunmehr der „Ger¬
manisierung“, „Umvolkung“ und „Eindeutschung“ unterzogen:
durch Enteignung von Grund und Boden sowie Ansiedlung von
„Reichs“- oder sogenannten „Volksdeutschen“; durch Enteig¬
nung von Unternehmen; Beseitigung der Zweisprachigkeit in
den Verwaltungen und der Festlegung von Deutsch als alleiniger
Amtssprache; durch Schließung von Volks- und Bürgerschulen
(nachdem schon seit dem 17. November 1939 die Hochschulen
im Protektorat geschlossen und Hochschullehrer sowie Studenten
inhaftiert und getötet wurden). Im November 1941 kursieren
Pläne der NS-Führung zur Vertreibung aller Tschechen aus Wien.
Die Ende 1941/Anfang 1942 im Protektorat wirksam werdende
Arbeitspflicht für alle männlichen und weiblichen Protektorats¬
bewohner vom 18. bis zum 50. Lebensjahr (zuvor wurden schon
Männer zwischen 16 bis 25 Jahren per Verordnung vom 25. Juli
1939 verpflichtet) führt zu Deportationen und extremer Ausbeu¬
tung von Zwangsarbeiterinnen im Protektorat.

Oktober 1941: Die NS-Führung trifft Vorbereitungen für
die Konzentrierung von Jüdinnen und Juden in Iheresienstadt/
Terezin, in deren „Kleiner Festung“ schon 1940 ein Gefängnis
der Gestapo Prag eingerichtet wurde. Ab November 1941 werden
JüdInnen aus dem Protektorat in die zum Lager umfunktio¬
nierte „Große Festung“ in Theresienstadt „eingewiesen“: unter
ihnen Karel Svenk, Peter Kein und Camill Hoffmann. Nach der
Wannsee-Konferenz (20. Janner 1942) massenhafte ,,Osttrans¬
porte“, Deportationen vom KZ Theresienstadt (darunter Viktor
Ullmann, Ilse Weber, Otto Brod, Friedl Brandeis-Dicker). Ab
Juni 1942: „Einweisungen“ aus dem „Altreich“ und Österreich,
wie der Dichter Walter Lindenbaum mit Familie am 1. April
1943 von Wien nach Theresienstadt und im Herbst 1944 nach
Auschwitz; ermordet am 20. Februar 1945 im KZ Buchenwald.

27. Mai 1942: Reinhard Heydtrich stirbt an den Folgen eines
vom tschechischen Widerstand verübten Attentats. Als Vergel¬
tung lässt sein Nachfolger Kurt Daluege am 10. Juni 1942 die
Ortschaften Lidice und Lezäky zerstören und ihre Einwohner
ermorden.

Nach den Salzburger Verhandlungen (28. Juli 1940) ließen
Hitler und Ribbentrop dem Regime in der Slowakei kaum mehr
Handlungsspielraum, Tiso konnte allerdings in langwierigen in¬
neren Machtkämpfen rivalisierende Gruppen um Vojtech Tuka
im Oktober 1942 weitgehend entmachten. Schon im September
1941 erließ das slowakische Regime eine gegen Juden gerichtete
Gesetzgebung, ähnlich den Rassegesetzen im Deutschen Reich.
1942 wurden Zehntausende Juden von der Slowakei, durch
Aussiedlungsgesetze legitimiert, ins KZ Sered und andere Lager
gebracht oder weiter ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert.

Im Spätsommer 1942 erklären die britische und französische
Regierung das Münchner Abkommen für nichtig. Die tsche¬
choslowakische Exilregierung wird durch die USA anerkannt
(26. Oktober 1942). Die gesamte Exilregierung tritt zurück
(12. November 1942). Die Regierung Srämek II wird am 14.