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sich von nun an der Durchsetzung der Menschenrechte und
speziell der Kinderrechte. Sie war von 1987 bis 1992 ständige
Vertreterin der Internationalen Humanistischen und Ethischen
Union (IHEU) bei der UNESCO. Neben u.a. der Schriftstellerin
Margaret Atwood ist sie im kanadischen Unterstützungskomi¬
tee von Child Haven International aktiv.

Dorli Loebl - Eine Erinnerung, eine Erzählung, ein Bericht
Dorli, das Wiener Mädl, geboren 1928, war Mitglied der Roten
Falken und vermochte ihre sozialistische „Kultur“, vor ihrer De¬
portation aus Frankreich und ihrem tragischen Tod in Ausch¬
witz im Alter von vierzehn Jahren, mit mir und vielen anderen
zu teilen. Es soll nicht nur an Dorli Loebl erinnert, es soll auch
ihre Welt für einige Minuten wieder lebendig gemacht werden.

Wolfgang Fritz, geboren 1947 in Innsbruck, lebt und arbeitet
als Schriftsteller in Wien. Zu seinen Buchveröffentlichungen
zählen „Der Kopf des Asiaten Breitner“ (2000) und (gemein¬
sam mit Gertraude Mikl-Horke) „Rudolf Goldscheid — Finanz¬
soziologie und ethische Sozialwissenschaft“(2004). Letzte
Buchveröffentlichung „Fortschritt und Barbarei. Österreichs
Finanzverwaltung im Dritten Reich“ (2010).

Zwei Prägende und Vergessene — Rudolf Goldscheid und
Hugo Breitner.

Rudolf Goldscheid (1870-1931), Schriftsteller und Privatgelehr¬
ter, 1926 Initiator der Österreichischen Liga für Menschenrech¬
te, somit auch einer der ersten Vertreter der österreichischen
Zivilgesellschaft, entwickelte während des Ersten Weltkrieges
eine Lehre der Finanzsoziologie, die weltweite Verbreitung fand
und auch in den USA Wurzeln schlug. Der von ihm beeinflusste
Hugo Breitner (1873-1946) hatte sich in der Länderbank vom
Subalternbeamten zum Direktor emporgearbeitet. 1919 über¬
nahm er das Finanzressort in der Wiener Stadtregierung. Sein
System der solidarischen, auch die Reichen nicht über Ge¬
bühr schonenden „Breitner-Steuern“ ermöglichte es ihm, die
Sozial- und Schulreformen, den Wohnbau und das Kulturpro¬
gramm des Roten Wien zu finanzieren. Auch sein Wirken fand
internationale Anerkennung. Beide Männer haben somit einen
Beitrag zur Modernisierung der österreichischen Gesellschaft
geleistet, der noch heute seine Gültigkeit hat. Trotzdem wird
kaum jemand mehr, die/der sich heute in Wien für Menschen¬
rechte einsetzt, Rudolf Goldscheid kennen, genauso wenig, wie
jemand, die/der eine Gemeindewohnung der Stadt bezieht, et¬
was mit dem Namen Hugo Breitner anfangen wird. Ist das Ver¬
gessen der Pioniere des modernen Österreich das Resultat der
kollektiven Hirnwäsche durch Faschismus und Nationalsozia¬
lismus? Hat dieses Vergessen vielleicht noch andere Gründe?

Eva Geber, Autorin, Kulturpublizistin (u. a. Neuedition von Wer¬
ken Rosa Mayreders); 35 Jahre AUF-Redaktion; Wiener Frau¬
enpreis 2009. Bruno-Kreisky 2013 für ihr Buch „Der Typus
der kampfenden Frau — Frauen schreiben Uber Frauen in der
Arbeiter-Zeitung von 1900 bis 1933“.

Mit heißem Herzen für unsere Sache

Ende des 19. Jahrhunderts: Am geistigen und sozialen Auf¬
bruch forderten Frauen ihre Beteiligung ein. Politische Verei¬
ne waren ihnen verboten. Die Sozialdemokratinnen gründeten
den Arbeiterinnen-Bildungsverein, die radikalfeministischen
Bürgerlichen den Allgemeinen Österreichischen Frauenverein,
die Gemäßigten den Bund österreichischer Frauenvereine. Es
gab Schulungen, Debattierclubs, Streiks und Rechtsberatung,
Zeitschriften, Versammlungen und internationale Vernetzung.
Sie forderten Bildung, gerechte Entlohnung, Achtstundentag,
Rechte in der Familie, Straffreiheit bei Abtreibung, Mutter¬

schaftsversicherung und Frauenwahlrecht. 1934 verbot der
Austrofaschismus die sozialistischen Institutionen. Die bürger¬
lichen Frauenvereine durften bis 1938 existieren. Der Natio¬
nalsozialismus bedeutete die radikale Zerstörung der geistigen,
gesellschaftlichen und sozialen Errungenschaften. Die Vertrei¬
bung und Vernichtung von deren Protagonistinnen ließ 1945
keinen neuen Aufbruch entstehen.

Dr. Konstantin Kaiser, geboren 1947 in Innsbruck; Studium
der Philosophie in Wien; seit 1983 freier Schriftsteller und Lite¬
raturwissenschaftler; Mitbegründer der Theodor Kramer Gesell¬
schaft und der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung.
Zahlreiche Veröffentlichungen, darunter Essays, Gedichte und
Prosa, zuletzt u.a.: In welcher Sprache träumen Sie? Österrei¬
chische Lyrik des Exils (Mithg., 2007); Ausgewählte Gedichte
(2007); Ohnmacht und Empörung (Schriften, 2008), Für und
wider in dieser Zeit. Die Editorials der Zeitschrift „Zwischen¬
welt“ (gem. mit S. Bolbecher, 2014).

Der „Kleine Mann“ und die Arbeiterkultur

Dargestellt werden soll die ständig drohende Dissoziation des
Menschenbildes in der Arbeiterkultur zwischen dem idea¬
lisierten „Neuen Menschen“, dem die Zukunft gehört, und
dem „Kleinen Mann“, dessen Bedürfnisse naturalistisch zu
kalkulieren sind. Dies überlagert sich mit dem von der Wan¬
dervogel-Bewegung übernommenen Kult der Jugend und ihrer
vielfältigen Möglichkeiten, mit der Delegation der Lösung von
gegenwärtig erfahrenen Widersprüchen an künftige Generati¬
onen. Arbeiterbildung erscheint als das Medium, in dem die
Kluft zwischen dem kleinen Mann und dem Ideal des klassen¬
bewußten Arbeiters gekittet werden kann. Zu zeigen ist, wie der
Nationalsozialismus, der scheinbar Elemente der Arbeiterkul¬
tur übernimmt, diese Kluft für seine Zwecke ausnützt und den
kleinen Mann gegen die Linke mobilisiert, um ihm seinerseits
den heroisch-nüchternen Realisten arischer Rasse überzustül¬
pen - ein Vorgang, der ohne die gewaltsame Zerschlagung der
originären Einrichtungen der Arbeiterkultur und ohne die Aus¬
schaltung ihrer Protagonisten nicht möglich gewesen wäre.

Dr. Heinz Kienzl, Generaldirektor der Oesterreichischen Nati¬
onalbank a.D., geboren 1922, Leiter der Volkswirtschaftlichen
Abteilung des ÖGB 1950-1969, Vorsitzender der zentralen Kon¬
trollkommission des ÖGB 1970-1990, Mitglied des Wirtschafts¬
beirats der Paritätischen Kommission 1963-1969, Mitglied des
Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank 1963-1969,
Generaldirektor-Stv. der Oesterreichischen Nationalbank 1969¬
1972, Generaldirektor der Oesterreichischen Nationalbank
1973-1989, Vizepräsident der Oesterreichischen Nationalbank
1990-1991. Nebenberufliche Tätigkeiten: Obmann der SWS
seit 1960, Geschäftsführender Obmann der PLG seit 1995,
Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Europapo¬
litik 1991-2004, Mitglied des Vorstands und Vorsitzender des
Beirats der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik seit
2004, Liga der Freunde des Judentums 1985-1989, Lehrbe¬
auftragter -— Lektor an der Wirtschaftsuniversität (WU) 1970¬
1990 bei Prof. Schöpf, Senator der WU.

November 2014 27