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Mag. Yves Müller, geboren 1982, Studium der Geschichte, Po¬
litikwissenschaft und Gender Studies in Berlin. Tätigkeiten im
Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick (ZfD) in Berlin und
als freiberuflicher Historiker, u.a. Forschungsprojekt zur „Köpe¬
nicker Blutwoche“. Arbeitsschwerpunkte sind Rechtsextremis¬
mus sowie Männlichkeiten im Nationalsozialismus.

Die Zerstörung lokaler Arbeiterkultur durch den frühen NS¬
Terror am Beispiel der „Köpenicker Blutwoche“

Nach der Machtergreifung wurde im Juni 1933 die von Sozi¬
aldemokraten, Gewerkschaftern und Kommunisten bewohn¬
te Siedlung Elsengrund im Berliner Bezirk Köpenick von SA
umstellt. Hunderte Menschen wurden verschleppt. Min. 23
Menschen wurden ermordet und in die nahegelegene Dahme
geworfen oder starben an den Folgen der Misshandlungen.
Am Beispiel der „Köpenicker Blutwoche“ kann die Tragweite
der Zerstörung der organisierten Arbeiterbewegung beleuchtet
werden. Biographische Betrachtungen zeigen, wie die Natio¬
nalsozialisten nicht nur Familien auseinanderrissen, sondern
Bewohner einer modernen Arbeitersiedlung und Träger einer
Arbeiterkultur verfolgten. Das Beispiel veranschaulicht, welche
Bedeutung die Lokalisierung der „Novemberverbrecher“ und
„Bonzen“ für die Nationalsozialisten hatte. Die nationalsozialis¬
tische Vehemenz bei der Zerstörung von Wohnhäusern, Loka¬
len, Laubenkolonien und Zeltstädten resultiert aus der Annah¬
me der Nationalsozialisten, „Nester“ des Arbeiterwiderstands
unschädlich zu machen.

Andrea Neugebauer, M.A., Studium der Germanistik, Poli¬
tikwissenschaften und Soziologie (Frankfurt/M.), langjährige
Stadtarchivarin. Promotion (Soziologie) zum Zusammenhang
von Arbeitserfahrungen und NS-Erinnerungen. Dozentin EFH
Darmstadt und FH Frankfurt. Arbeitsfelder: Rekonstruktive
Sozialforschung, Biografie-, Erfahrungs- und Praxistheorie.
Schwerpunkte: Nationalsozialismus, Selbstkonstitution und Ar¬
beit, Anti-Diskriminierungstraining.

Meine Tätikeit als Flugblattverteiler - Ach, das war eine herr¬
liche Zeit!

Am Beispiel eines jungen Arbeiters, dessen Politisierungspro¬
zess in der Begegnung mit verschiedenen Teilen der deut¬
schen Arbeiterbewegung kurz vor 1933 begann, wird für die
Phase des Nationalsozialismus die Existenz einer Parteien
und Bekenntnisse übergreifenden Kultur des Sich-Nicht¬
Vereinnahmen-Lassens rekonstruiert. Außerhalb der illegalen
Organisation der Arbeiterbewegung entstanden informeller
Wissensaustausch, Sensibilität gegen die Judenverfolgung,
radikale und zugleich ‚eigen-sinnige‘ Ablehnung von Krieg. Es
konsolidierte sich eine konsequent antifaschistische Haltung,
die auch das „Private“ gestaltete. Vorstellungen eines emanzi¬
pativen und solidarischen gesellschaftlichen Miteinanders, die
in den Handlungspraxen von Verfolgung und Gefangenschaft
entstanden, prallten nach dem Ende des Nationalsozialismus
an eingefrorenen Vorstellungen und Re-Institutionalisierungen
der alten Mitglieder der Arbeiterbewegung ab, kurzzeitigen kol¬
lektiven Handlungsspielräumen folgte die Individualisierung.

Mag.a Dr.in Ester Saletta, Studium der Germanistik und An¬
glistik an der Universitat Bergamo (Italien), Doktorandin bei
Univ. Prof. Wendelin Schmidt-Dengler an der Universität Wien,
Lektorin für Italienisch am Sprachenzentrum der Universität
Wien und Stipendiatin verschiedener europäischer und ameri¬
kanischer Institutionen. Derzeit Mitarbeiterin der Rechtwissen¬
schaftlichen Fakultät der Universität Bergamo für den Bereich
„Equal Opportunities: Gender-Studies in Law & Literature“,
DAF-Lehrerin und Deutschsprachexpertin. Zahlreiche Buch¬
und Essay-Publikationen über Gender und Post-Gender Stu¬
dies, Wiener Moderne, Exilliteratur und österreichische Frauen¬
literatur der Gegenwart im Rahmen der Komparatistik.

Die Journalistin Adelheid Popp als engagierte Wiener Sozial¬
demokratin gegen die Nazi Ideologie

Laut Joseph Seethalers und Christian Oggolders statistischem
Studium „Frauen in der Wiener Tagespresse der Ersten Repub¬
lik“ war der Zeitraum 1918 bis 1938 die privilegierte Zeitspanne
für jene berufstätigen Frauen, die im Bereich des Journalismus
ihr politisches Engagement in der Gesellschaft zeigen wollten.
Aber nach dem Machtantritt der NSDAP wurden mehrere Ge¬
setze verabschiedet, die Frauen aus den gehobenen Berufen
verdrängten und Tätigkeiten als Hausfrau und Mutter vorsahen.
Emanzipatorische Bestrebungen waren in den Augen der Nati¬
onalsozialisten eine Erfindung jüdischen oder wahlweise auch
marxistischen Geistes, denen entschlossen entgegengetreten
werden sollte. Die Gleichschaltung richtete sich deshalb auch
gegen die Vereinigungen der bürgerlichen und proletarischen
Frauenbewegung. In so einem für die Frauenfrage innovativen
Kontext spielt die Wiener emanzipierte Arbeiterin bzw. Journa¬
listin und Sozialaktivistin Adelheid Popp (geborene Dworak)
eine entscheidende Rolle, als sie die Frauenrechte verteidigt
und einige Portraits von engagierten Frauen wie u. a. Lily Braun
in der Arbeiter-Zeitung skizziert.

Dr.in Christine Schmidhofer, geboren 1964 in Linz, Studi¬
um der Philosophie, Germanistik und Soziologie in Wien und
Linz. Promotion mit einer Dissertation über die Linzer Künst¬
lerin Hedda Wagner. Mehrere Projekte für die Österreichische
Historikerkommission, die Universität Linz und das Land Ober¬
österreich. Zahlreiche Publikationen im wissenschaftlichen
(Schwerpunkt Frauen- und Geschlechterforschung) und litera¬
rischen Bereich. Arbeitet als freie Schriftstellerin und Wissen¬
schaftlerin in Linz.

Innere Emigration als Reaktion auf die Zerstörung der Arbei¬
terkultur am Beispiel der Linzer Sozialdemokratin und Künst¬
lerin Hedda Wagner (1876-1950)

Das Ende des Ersten Weltkrieges wurde von weiten Teilen der
Österreichischen Bevölkerung als Phase des Aufschwungs und
Möglichkeit der Veränderung wahrgenommen. Künstlerische
Experimente, ausgelöst durch die dahinter stehende Einsicht,
dass Kunst und Kultur nicht nur für die Eliten, sondern für alle
Menschen unabhängig vom Einkommen zugänglich wären,
fanden zunehmend Eingang in die Gesellschaft. In Linz eta¬
blierte sich vor allem die sozialistische Kunsstelle als Veran¬
stalterin von Theaterstücken, Singspielen, Lesungen und Per¬
formances. Mit der Wirtschaftskrise 1929 und der Etablierung
des Ständestaats Anfang der 30er Jahre wurde das Ende der
allgemeinen Aufbruchsstimmung eingeleitet, die letztendlich
im dritten Reich völlig zum Erliegen kam. Zahlreiche Kunst¬
schaffende wurden mittels Aufführungs- und Schreibverbot
an der Fortführung ihrer künstlerischen Tätigkeit gehindert.
Dazu zählten auch Künstlerinnen und Künstler aus dem sozi¬
alistischen Umfeld. Sie waren dazu gezwungen, sich mit dem

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