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um hier ein „Künstler-Studio“
nach Vorbild der Stockholmer ne
Porzellan-Manufaktur Gustavs¬
berg zu griinden. Die angestreb¬
te Zusammenarbeit kam aber
über die Theoriephase, das heißt
über ein paar Besprechungen
— bei denen etwa Prof. Fuchs
nicht viel mehr als einen Zettel

mit der improvisierten Skizze
einer Vase hinterließ — nicht f (re ‘Z £
hinaus. Fuchs urteilte letztlich ee

über den äußerst kurzen und
für beide Seiten fruchtlosen
Versuch einer Kooperation:
„Zum einen war es nicht leicht,
mit Dr. Lester zusammenzuar¬
beiten, da er die meiste Zeit in Amerika lebte. Zum anderen waren

die künstlerischen Gegebenheiten in Wilhelmsburg nicht vorhan¬

den.“ Nach diesem Fehlschlag engagierte Lester Ende 1968 den

Wiener Porzellankünstler Kurt Spurey, um sein Wilhelmsburger

Designstudio doch noch zu verwirklichen. Der Firmenpatriarch

hatte auf diesem Feld allerdings mit einer Reihe von internen

Widerständen zu kämpfen. „Es war also die Idee des Studios durch¬

aus nicht so beliebt. Dr. Lester war zu dieser Zeit noch vorwiegend
in Amerika, so daß seine Unterstützung nur sporadisch, wenn er in

Österreich war, in Anspruch genommen werden konnte. Produziert
wurde auch in diesem kleinen Studio |...). Das volle Programm lief
an und wurde letztendlich zum Verkauf angeboten. Aber auch hier
war diese Zähigkeit wieder zu spüren, und mein Eindruck, daß man

diese kleine Zelle nicht wirklich ernst meinte, verstärkte sich. Von der
Verkaufsabteilung nicht übermäßig gefördert, war der Verkaufserfolg
der Produktion eher mäßig, was natürlich wieder als Bestätigung für
die Ablehnung herhalten musste“, berichtete Spurey. 1970 wurde

das Designstudio im Werk Wilhelmsburg der ÖSPAG, an der

mittlerweile die Schweizer Laufen AG die Mehrheit übernommen

hatte, geschlossen. Mit dem von Conrad H. Lester geplanten

und geförderten Schulterschluss zwischen Industrie und externen

Künstlern war es in Wilhelmsburg auch schon wieder vorbei.

Trotzdem fiel die Saat Lesters letztlich auf fruchtbaren Boden:

1982 gründete der inzwischen zum Betriebsleiter der Sanitärferti¬

gung des ÖSPAG-Werkes Wilhelmsburg aufgestiegene Reinhold

Pabst, der noch in der Wilhelmsburger Modellstube die niemals

in Serie gegangene Vase nach dem Entwurf von Prof. Fuchs mo¬

delliert hatte, in seiner Geburtsstadt St. Pölten das „Porzellan

Atelier Pabst“. Nach dem Vorbild des Lesterschen Kiinstler-Studios

wurden am Firmensitz in der Kremser Landstraße nach eigen¬

ständigen Entwürfen des Gründers hochwertige und vielfältige

Porzellan-Objekte in Kleinstserien gefertigt. Zu diesem Zeitpunkt

war die Neugriindung neben den OSPAG-Werken Wilhelmsburg

und Gmunden und dem Wiener Augarten einer von nur vier

Porzellanerzeugern in ganz Osterreich. Und was die Zahl der

produzierten Design-Novitaten betraf, war das Porzellan Atelier

Pabst, das bis Ende der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts

Bestand hatte, sowieso einzigartig.

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Beniitzte Literatur und Quellen

René Edenhofer: Lilien-Porzellan. Von der Keramik AG zur OSPAG. Deutsch¬
Wagram: Eigenverlag René Edenhofer 2003.

Gudrun Hausegger: Ein Welterfolg aus Wilhelmsburg. Auf den Spuren des
Lilien-Porzellans. In: kunstSTOFF o.Jg. (2009), Nr. 6, 11-13

Miguel Herz-Kestranek, Konstantin Kaiser, Daniela Strigl (Hg.): In welcher
Sprache träumen Sie? Österreichische Exillyrik. Wien: Theodor Kramer
Gesellschaft 2007.

Conrad H. Lester (Lichtenstern): Von der Ostmark-Keramik zur ÖSPAG.
In: Gustav Otruba (Hg.): Vom Steingut zum Porzellan in Nieder-Osterreich.
Eine Firmenfestschrift zum 170jahrigen Bestand des Werkes Wilhelmsburg
der OSPAG. Wien: Bergland 1966, 161-182.

Conrad Henry (Konrad Heinrich) Lester. In: Siglinde Bolbecher, Konstantin
Kaiser (in Zusammenarbeit mit Evelyn Adunka, Nina Jakl, Ulrike Oedl):
Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Wien, München: Deuticke 2000,
441-442.

Gustav Otruba (Hg.): Vom Steingut zum Porzellan in Nieder-Österreich.
Eine Firmenfestschrift zum 170jährigen Bestand des Werkes Wilhelmsburg
der ÖSPAG. Wien: Bergland 1966

Herbert Zeman: Conrad Lester (5. XI. 1907, Wien — 10. I. 1996, Wien). In:
Herbert Zeman (Hg.): Jahrbuch der österreichischen Goethe-Gesellschaft.
Band 106/107. 2002/2003. Wien: Österreichische Goethe-Gesellschaft,
233 - 236.

Interviews mit Reinhold Pabst v. 28. und 29. Jänner 2015.
www.geschirr-museum.at

www.laufen.co.at

www.reneedenhofer.at

Conrad Henry (Konrad Heinrich) Lester
Der Eintrag im Lexikon der österreichischen Exilliteratur

Eigentlich (bis 1941): Kurt Heinz Lichtenstern. 5.11. 1907 Wien
- 10.1. 1996 Ascona (Schweiz). Exil: 1935 Schweiz; 1938 ESR,
dann Frankreich; 1940 Algerien; 1941 Brasilien, dann USA.
Vater: Richard L. (1870 — 1937), Industrieller. Mutter: Elsa,
geb. Wolf (1882 — 1929). — 1926-27 Studium an der Hochschule
für Welthandel, Wien, 1927-28 an der keramischen Fachschule in
Bunzlau (Oberschlesien). 1928-38 in der väterlichen Steingut- und
Porzellanfabrik in Wilhelmsburg (NÖ) beschäftigt. 1934 aus der
IKG ausgetreten; laut Sterbeurkunde römisch-katholisch. Mitglied
der von Engelbert Dollfuss begründeten antiparlamentarischen
Vaterländischen Front. 1934-35 Gemeinderat in Wilhelmsburg
und Kreiskommandant St. Pölten der Ostmärkischen Sturmscha¬
ren. Zusammenarbeit mit der illegalen KPÖ; ist — E. Fischer
1935 bei seinem illegalen Aufenthalt in Ö. behilflich. Im Mai

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