Emma Barta-Mikl, Anfang der Neunzigerjahre. Foto: Alfred Hübner
sich um den kleinen Garten kümmern, der das Anwesen umgibt.
Die Idylle dauert nicht lange. Beide Damen haben geistig wenig
gemeinsam. Am Ort wohnen zahlreiche deutsche Einwanderer.
Die von ihnen gepflegten Kulturgüter Oktoberfest, Lederhose,
Dirndl und Jodelmusik locken bis heute zahlreiche Touristen
in diesen Ort. Trotzdem verläßt Emma Villa General Belgrano
nicht, sondern zicht, als sie das Apartment aufgibt, in ein deut¬
sches Altersheim das es im Städtchen gibt. Hier verfügt sie über
ein eigenes Zimmer und ist gut versorgt. Horst Stephan besucht
sie dort ein letztes Mal. Emma kauft sich eine Grabstätte. Die
nächsten Jahre kann sie bei relativ guter Gesundheit verbringen
und hat in einem Ehepaar Wild, das in erreichbarer Nähe lebt,
gute Gesprächspartner. 1993 wird sie bettlägerig, dann bewußtlos
und stirbt am 20. August des Jahres. Auf dem Friedhof von Villa
General Belgrano, inmitten der Natur, liegt sie begraben. Hund
Seppi hat hier viel Auslauf und jede Menge Baume...
Oskar Werner. Neulengbach, Weinheber. — Uber den Schauspie¬
ler Oskar Werner, ob seiner Rolle in „Fahrenheit 451“ im Rufe
eines Widerständigen stehend, sollte man sich keine Illusionen
machen. In einer 1992 in Salzburg gezeigten Werner-Ausstellung
war nicht von „Hitler-Zeit“ oder dergleichen, sondern von einer
„Bedrängnis“ die Rede (das mag, obgleich Zitat, von der Aus¬
stellungsmacherin proponiert worden sein); und Werner Krauss,
Darsteller des Shylock in Veit Harlans „Jud Süss“-Film, verkörperte
für Werner die „reinste Kunst“ (die also unabhängig von dem,
was sie darstellt, rein bleibt wie ein gepflegtes Musikinstrument).
Leibphilosophen Werners seien Schopenhauer und Nietzsche
gewesen. Auf Schallplatte gibt's von ihm (ungefähr aus dem Jahr
1980) „Goethe-Schiller-Weinheber“, die ‚drei großen deutschen
Klassiker‘.
Mit Werner ist man also noch nicht schr weit weg von der „Be¬
drängnis“.
Ein anderer Versuch, davonzukommen, findet sich im nieder¬
österreichischen Neulengbach an der Fassade des städtischen
Lengenbachersaales. Dort prangen die Josef Weinheber-Verse:
Alfred Hübner, Jahrgang 1940. Nach dem Abitur Schauspielaus¬
bildung in München, anschließend eine Spielzeit lang am Staatsthe¬
ater Braunschweig. 1964 — 1969: Studium der Germanistik und
Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin. 1970 -72:
Regieassistent an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlins, u. a. bei
Samuel Beckett, sodann fünf Jahre Dramaturg am Thalia Theater
Hamburg. 1975: Promotion zum Dr. phil. mit einer Dissertation
über „Das Drama im Weltbild Paul Zechs“. 1977- 1979 Mitarbeiter
in der Kulturabteilung Bayer/ Leverkusen. Von 1979 bis 2005 Leiter
des Kulturamis der Stadt Pforzheim. Danach Ausstellungen über Paul
Zech, Wilhelm Dieterle und Lou Albert-Lazard. Bis dato: Arbeit an
der Biographie von Paul Zech.
Barta-Mikl, Emma: Das Chaos und ein junger Mensch, Wien/Leipzig, Eu¬
ropäischer Verlag, 1937
Rede zur Gründung des Freundeskreises der Deutschen Blätter. In: Paul Zech:
Ausgewählte Werke, Band 4, Vermischte Schriften, S. 273 £
Dauber, Doris: Als ich drei Berufe hatte. Rudolstadt, Greifenverlag, 1949
Venus, Theodor / Wenck, Alexandra-Eileen: Die Entziehung jüdischen Ver¬
mögens im Rahmen der Aktion Gildemeester. Wien, Böhlau, 2004
Barta-Mikl, Emma: Briefe an Alfred Hübner, Oktober 1968, 30.11.1968;
Briefe an Kurt Erich Meurer, 17.9. 1946, 2.12.1946, 7.6.1947;
Briefe an Udo Rukser, 1.8.1946, 6.10.1946, 25.3.1947; Institut für Zei¬
tungswissenschaft Dortmund
Briefan Rudolf R. Zech, 24.8.1950
Brunnehild, Gisela: Mails an Alfred Hübner, 19.1.2015, 13.3.2015
Rukser, Udo: Briefan Emma Barta-Mikl, 29.9.1946; Institut für Zeitungs¬
wissenschaft Dortmund
Stephan, Horst: Brief an Alfred Hübner, 16.1.2015
Zech, Paul: Brief an Emma Barta-Mikl, 5.6.1945; Brief an die Deutschen
Blätter, 2.10.1945
Originale und Kopien der zitierten Briefe im Besitz des Verfassers
Es schlägt das Herz, der Schatten rückt
Was gestern fehl ging, heute glückt
Was heute glückt, ist morgen Schein
Bezwing die Zeit, um Mensch zu sein
Damit mag sich trösten, wer an etwas geglaubt hat, das zu einer
Katastrophe geführt hat, für die selbstredend keine Verantwortung
übernommen werden kann.
Bei Theodor Kramer hingegen heißt es:
‚s ist wahr, die Welt liegt, wie sie ist, im argen;
doch mußt du schuften, dreimal denken, kargen,
ist, was du immer tust, nicht einerlei:
in dem, was du verlangst, gib niemals bei.
So zitiere ich die Verse Kramers aus dem Gedicht „Vom Nicht¬
Beigeben“ immer aus dem Gedächtnis. Bei Kramer steht aller¬
dings statt
ist, was du immer tust, nicht einerlei
leider
nicht mittun bei der Großen Schweinerei
und damit verengt er den Raum wieder, den er uns gerade aufge¬
stoßen hat. Von einem Nicht-Mittun war bei Weinheber freilich
nie die Rede.