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später erfolgten Freitod WPs zu beweisen oder in irgendeiner
Form glaubhaft zu machen.

Der Vorwurf, ich hätte als Tugend-Terrorist, als „Teil einer
Jagdgesellschaft“ Werner Pfeifenberger „zur Strecke gebracht“,
war unwahr und grob chrenrührig.

In diesem Sinne urteilte auch das Erstgericht in der Hauptver¬
handlung vom 20.3.2001. Es sah im Artikel von „Zur Zeit“ den
Tatbestand der üblen Nachrede nach $111 Abs.1 und 2 StGB
verwirklicht und verurteilte die W3 Verlagsgesellschaft mbH.&Co
KG zur Bezahlung einer Entschädigung von öS 50.000 an mich
sowie zur Urteilsveröffentlichung.

Das Gericht führte in seinem Urteil aus, dass ich die Publikation
im freiheitlichen Jahrbuch „sachlich wie politisch“ heftig kritisiert
habe. Demgegenüber reihe der inkriminierte Artikel — so das
Gericht — mich in eine „Jagdgesellschaft“ ein, in deren Rahmen
ich eine „Menschenhatz“ eröffnet hätte. Das Urteil hält fest, dass
der Medienkonsument dies als Vorwurf verstehe, dass ich am Tod
eines anderen Menschen moralisch mitschuldig sei, ja diesen Tod
durch eine „Menschenhatz“ herbeigeführt hätte. „Eine solche
Kausalität wurde aber im gegenständlichen Verfahren niemals
unter Beweis gestellt, die Antragsgegnerin hat zu diesem Thema
nicht einmal Beweisanträge gestellt.“

Das Urteil sah „klar“ einen „Wertungsexzeß“ vorliegen. Der
Leser habe keine Möglichkeit, sich selbst ein Bild über die Rich¬
tigkeit oder Unrichtigkeit der Wertung zu machen, „diese wird
ihm vielmehr in geharnischter und aggressiver Form durch die
inkriminierte Veröffentlichung suggeriert (...) Es kann daher nicht
von der sanktionsfreien Ausübung des Rechtes auf Freiheit der
Meinungsäußerung nach dem Art. 10 EMRK gesprochen werden.“

Gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin Berufung wegen
Nichtigkeit, Schuld und Strafe eingebracht, und am 15.10.2001
hat das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien, 18 Bs 229/01) der
Berufung stattgegeben und meine Anträge abgewiesen.

Senatsvorsitzende Dr. Doris Trieb zeigte während der mündli¬
chen Verkündung des Urteils mit ihrem Zeigefinger auf mich und
meinte, ich hätte mit meinem Artikel „tatsächlich eine Lawine"?
losgetreten, die dann auch dazu führte, dass in Deutschland Grüne
und SPD Prof. Pfeifenberger aus dem Amt gedrängt haben“.

Nach Verlesung des Artikels kam das Gericht in seinem Urteil zu
dem die Berufung bestätigenden Ergebnis, dass „sich der Artikel
generell mit der - vom Verfasser so geschenen — Problematik
des Einsatzes des NS-Verbotsgesetzes sowie der ‚Antifa-Keule‘
gegen politisch Andersdenkende befasst“. Die dabei eingesetzten
Mittel sind laut inkriminiertem Artikel „Anzeigen, entsprechend
tendenziöse Medienberichte, einschlägige Expertisen und parla¬
mentarische Anfragen“. Auch im Fall Werner Pfeifenberger — so
der Artikel — sei man so vorgegangen.

Laut diesem Urteil des OLG Wien sind Ausdrücke wie „Hetze“,
„tödlicher Tugendterror“ und „Menschenhatz“ für den Leser klar
als Wertungen der im Artikel behaupteten Vorgänge in der Causa
WP zu verstehen. Als Tatsachengrundlage wurden „Schritte gegen
Dr. Pfeifenberger“ angenommen, wie Zeitungsartikel, Anzeigen
und parlamentarische Anfragen.

All diese „Schritte“, die vom OLG Wien beanstandet wurden,
sind jedoch wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil einer
Demokratie. Einen im Rahmen der Rechtsordnung gesetzten
„Schritt“ als Menschenhatz und tödlichen terroristischen Akt zu
bezeichnen, ging weit über eine zulässige Wertung hinaus.

Beide — der Artikel in „Zur Zeit“ und das OLG Wien - ver¬
kannten den Umstand, dass meine Rezension und die von der

Staatsanwaltschaft Wien gegen Pfeifenberger erhobene Anklage
wegen der Verwirklichung des Verbrechens nach dem $ 3g Ver¬
botsG. nichts miteinander zu tun hatten. Meine Rezension vom
3.2.1995 hatte nicht die Anklage vom 15.2.2000 bewirkt. Folglich
habe nicht ich ein Vorgehen gegen Pfeifenberger eröffnet. Das
OLG Wien setzte sich in Widerspruch zur herrschenden Recht¬
sprechung, wenn es die inkriminierten Textstellen, Ausdrücke
wie „Teil einer Jagdgesellschaft“, „Menschenhatz“ und „das Op¬
fer zu Tode gebracht“ als moralische oder gesellschaftskritische
Wertungen gelten ließ. Ich wurde ohne echte Aufklärung über
den Hintergrund der Auseinandersetzung (meine Rezension des
Pfeifenberger-Artikels) und über die mannigfaltigen Spekulatio¬
nen über die Todesursache von Pfeifenberger als der Initiator der
„Menschenhatz“ verunglimpft.

Es ging nicht nur darum, einen „jüdischen Journalisten“, der
es gewagt hatte, Jörg Haider unangenehme Fragen zu stellen,
die Ehre abzuschneiden, es sollte durch dieses Urteil jede freie
Berichterstattung und jede Kommentierung von Handlungen
rechtsextremistischer Politiker unmöglich gemacht werden, denn
die Entscheidung des OLG Wien stellte — faktisch — einen im¬
mensen Eingriff in die Meinungsfreiheit dar.

So absurd dies auf den ersten Blick auch erscheinen mag, da
es in diesem Verfahren zu einem Freispruch gekommen ist, la¬
gen die Folgen dieser Entscheidung auf der Hand. Würde dieses
Urteil des OLG Wien noch heute gelten, wäre es in Österreich
unmöglich, Aussagen eines Rechtsextremisten zu kommentieren,
ohne daraufhin eine Flut von Anschuldigungen, Beschimpfungen
und Verdächtigungen über sich ergehen lassen zu müssen, die
sogar den schlimmsten aller Vorwürfe, nämlich für den Tod eines
Menschen verantwortlich zu sein, beinhalten können.

Menschen, die für eine Meinungsäußerung nicht einmal me¬
dienrechtlich verurteilt worden sind, dürften als „Terroristen“ und
Mitglieder einer „Jagdgesellschaft“ bezeichnet werden. Denn das
alles wären janach Meinung der OLG Wien einfache Wertungen,
die Leser leicht auf den Tatsachenkern reduzieren könnten.

Unter diesen Voraussetzungen würden Journalisten sich mehr¬
mals überlegen, ob sie von ihrem Grundrecht der freien Mei¬
nungsäußerung Gebrauch machen, da sie bei Erscheinen ihres
Artikels mit derartigen Beschimpfungen und Beleidigungen
rechnen müssten.

So sind nach diesem Urteil des OLG Wien unzählige Folgear¬
tikel erschienen, die mich aufgrund des inkriminierten Artikels
als moralischen „Mörder“ bezeichnet haben.

Im Februar 2001 hatte Andreas Mölzer noch die Vorwürfe in
einem an alle Abonnenten der „Zur Zeit“ gerichteten Schnorr¬
brief bestärkt:

Dann gibt es den Fall Karl Pfeifer gegen „Zur Zeit“. Der langjährige
Redakteur der Zeitschrift der israelitischen Kultusgemeinde Karl Pfeifer
wurde aus Anlass des Todes von Prof. Pfeifenberger in den Reihen jener
Jagdgesellschaft geortet, die den konservativen Politikwissenschafter in
den Selbstmord getrieben hat. Gegen Pfeifenberger sollte bekanntlich
ein Gerichtsverfahren wegen NS-Wiederbetätigung wegen seiner
Aussagen im „Freiheitlichen Jahrbuch 1995“ eröffnet werden. Der
Jüdische Journalist Karl Pfeifer hatte dies als „Nazi-Töne“ denunziert
und damit die juristische Lawine gegen Pfeifenberger ausgelöst. Als
„Zur Zeit“ es wagte, dies aus Anlass des Selbstmordes aufzuzeigen,
klagte Pfeifer. Das höchst schwierige zeit- und kostenaufwendige Ver¬
fahren, begleitet natürlich durch die entsprechende Medienkampagne
in den linken Zeitgeistgazetten, läuft nach wie vor.

Juni 2017 81