OCR Output

dazwischen“ von Elsie Slonim. Die Hörbuchedi¬
tion wurde von Sona Mac Donald und Mercedes
Echerer gelesen. — EA.

Joze Strutz: Vrnitev v ray — Rückkehr ins Para¬
dies. Kratka proza 2 — Kurzprosa 2. (Slowenisch/
Deutsch.) Klagenfurt/Celovec: Edition Rapial
edicija 2018. 58 S.

Manfred Theisen: Der Koffer der Adele Kurz¬
weil. (Roman.) Graz: CLIO 2018. 237 S.

Zeitschriften

Exil. Forschung. Ekenntnisse. Ergebnisse. Hg.
von Edita Koch. 35. Jg. (2016), Nr. 2. 112 S.
U.a. mit dem ersten Teil einer unveroffentlichten
Autobiographie von Max Rudnitzky, einem Auf¬
satz über die Folgen der NS- Machtergreifung“
für Deutsche im Iran (Behrang Samsani) und
einem über den vergessenen Dichter Karl Schloß,
der in Auschwitz ermordet wurde (Helga Keiser¬
Hayne). — Eine gute Tradtion dieser Zeitschrift

besteht darin, dass sie neben wissenschaftlichen
Beiträgen immer wieder auch Texten von Verfolgten
gerne Raum gibt.

Literatur und Kritik (Salzburg). Nr. 515-516,
Juli 2017, 112 S. € 10,¬

Mit einem Beitrag von Alexander Emanuely über
Alfredo Bauer für das „Österreichische Alphabet
(S. 99-109).

Konstantin Kaiser

Sie sind gekommen, sich zu rechtfertigen:

daß sie noch da sind,

der Rübenzupfer,

der Nußaufschläger,

der Gemeindearme, der Fahrradliebhaber unter den Landarbeitern,
der vom Steinbruch, der mit dem Sprengstoff
umzugehen wüßte,

das Fräulein von der Post, das Briefe unterschlug,
der arbeitslose Schuhzuschneider mit

dem Ausweis der Freien Gewerkschaft ¬

sie sind gekommen, sich zu rechtfertigen,

daß sie noch da sind.

Sie rechtfertigen sich mit ihrem Dahinschwinden,
noch vor dem großen Töten,

das von der Hoffnung ein Wort ließ:

Es hätte nicht sollen sein.

Sie rechtfertigen sich

mit dem gelebten Augenblick, der verrinnt.
Durch den Vagabunden, hingefällt, ein Sack alter Kleider,
schreit es uns an:

Gebt uns eine Gegenwart,

dehnt sie aus, macht sie weit,

daß wir uns finden können

diesseits von eurem Morgenrot.

Am Anfang dieses Jahrunderts ist aufgestellt
ein stahlerner Block, ein Ungetiim,

die aufgetiirmte tote Zeit,

Maschine, die saugt

lebendige Zeit.

Und am Ende dieses Jahrhunderts ist aufgestellt
ein stahlerner Block, ein Ungetiim,

die aufgehaufte vergangene Arbeit,
Maschine, die saugt

die Zeit,

und Aufseher kommen, verlangen

98 _ ZWISCHENWELT

die Zeit,

die sie verplant haben

mit ihrer Vergangenheit,

die sie unsre Zukunft nennen,

und so

zwischen ihrer Vergangenheit und Zukunft

hat sich die Gegenwart zusammengezogen

zu einem Nadelöhr, doch geht's da nicht nach Jerusalem
noch in irgendeinen Himmel.

Da sie kamen, sich zu rechtfertigen,
daß sie noch da sind,

und der Vagabund ihn bat,

schenkte ihnen unser kluger, kräftiger Freund,
dieser leicht ergriffene Theodor Kramer
eine ausgedehnte Gegenwart,

Gedicht fiir Gedicht,

sogar einen Himmel schrieb er hinein
als das schöne Dach über ihrem Tun,
und solange er schrieb,

Gedicht um Gedicht,

waren sie da und konnten sich finden.

Bei der Veranstaltung zum 60. Todestag Theodor Kramers am 3.
April 2018 in Wien sprachen Karl Müller und Konstantin Kaiser
zur Aktualität Theodor Kramers, Kaiser in Form des obenstehenden
Gedichts. Die Theodor Kramer-Preisträgerinnen Stefan Horvath,
Renate Welsh, Herbert Kuhner (Übersetzungen ins Englische), Nahid
Bagheri-Goldschmied (Übersetzungen ins Persische) und Gerhard
Scheit lasen von ihnen ausgewählte Gedichte Kramers, musikalisch
begleitet von Herb Berger (Saxophon) und Christian Frank (Pianino).
Ort der Handlung: Kleinkunstbühne unter dem Cafe Prückel, wo
einst Stella Kadmons „Der liebe Augustin“ beheimatet war.