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Anmerkungen

1 Tobias Wimbauer: „In Dankbarkeit und Verehrung.“ In: FAZ vom 8. Januar
2005, S. 33.

2 In Wirklichkeit hat am 7. August 1951 Ernst Jünger über seinen Sekretär
Armin Mohler das Manuskript zurücksenden und Celan wissen lassen, dass er
sich für ihn nicht einsetzen könne. Vgl. Detlev Schöttker: Postalische Jagden.
Ernst Jüngers Präsenz in der deutschen Literatur und Publizistik nach 1945,
in: Ernst Jünger. Arbeiter am Abgrund, Marbach a. N., 2010, S. 221-247.

3 FAZ vom 27. Januar 2005, S. 37.

4S. Anm. 10.

5 Ingeborg Bachmann—Paul Celan: Herzzeit. Briefwechsel. Mit den Briefwechseln
zwischen Paul Celan und Max Frisch sowie zwischen Ingeborg Bachmann und
Giséle Celan-Lestrange. Hg. v. Bertrand Badiou, Hans Höller, Andrea Stoll u.
Barbara Wiedemann, Frankfurt/M. 2008, S. 21. (Hervorhebung von mir-GC).
6 Detlev Schéttker, Anja S. Hiibner (Hg.): Im Haus der Briefe. Autoren
schreiben Ernst Jiinger (1945-1991), marbacher schriften, neue folge 8,
Göttingen 2010, S. 48f. Der Band enthält auf S. 49f. auch den Brief Paul
Celans an Ernst Jünger vom 11. Juni 1951 nach seiner Erstveröffentlichung
in der FAZ vom 8. Januar 2005.

7 Gemeint ist wohl Ingeborg Bachmann nach dem kurz davor gescheiterten
Versuch eines Zusammenlebens mit Celan in Paris.

8 Wie Joachim Seng in seinem Kommentar zum Brief 5 berichtet, habe Demus
nach eigener Auskunft 1949 noch nichts über Celans Herkunft und über die
Ermordung seiner Eltern gewusst. (PC/KND, 510) Das isterstaunlich. Selber
ein Dichter, war Demus fasziniert und ergriffen von den frühen Gedichten
seines Freundes, wozu schon „Todesfuge“ und „In Aegypten“ zählten. Wie
hat er sie dann verstanden?

9 So stellte ihn Rolf Schroers in seiner Rundfunksendung „Der Dichter und
sein Werk: Paul Celan“ (Hessischer Rundfunk, 11.3.1953) als einen deutschen
Lyriker aus der Bukowina mit österreichischen Eltern vor, dem der Zweite
Weltkrieg furchtbare Erfahrungen brachte. (RF 417) Paul Schallück vermerkt
in seinem Artikel „Schwarze Milch der Frühe“ (FAZ 25.4.1953) lediglich,
Celan sei in der Bukowina geboren und habe seine beiden Eltern aufgrausame
Weise verloren. Karl Schwedhelm verschweigt in seinem Interview mit Paul
Celan (Süddeutscher Rundfunk, 15.6.1954) sehr dezent die jüdische Herkunft
seines Gesprächspartners, über die er informiert war, und präsentiert ihn den
Hörern als einen in Rumänien in einer deutschsprachigen Umgebung gebore¬
nen Dichter, der, nachdem ihm ein schweres Schicksal die Eltern genommen
habe, über Wien nach Paris übersiedelt sei. (PCM 198) Hiermit reproduziert
Schwedhelm eine zeittypische rhetorische Figur: Die Täterschaft wird dem
Schicksal zugeschrieben, damit über die Täter geschwiegen wird.

10 Ernst Jünger: „Über Nationalismus und Judenfrage“, in: Süddeutsche
Monatshefte 9/1930, S. 843-845.

11 In seinem Gespräch mit Ernst Jünger, erschienen in der „Zeit“ am 8. De¬
zember 1989, berichtet Andre Müller: „Antisemiitische Äußerungen, so erklärte
mir Jünger, könne es nicht von ihm geben, das wäre mit seinem Naturell nicht
vereinbar: ‚Ich habe nur festgestellt, daß sich die Deutschen und die Juden auf
eine Weise entfremdet hatten, daß es besser gewesen wäre, sie wären ausein¬
andergegangen.‘ Ich fragte ihn, wie er sich das vorgestellt habe. Er antwortete:
‚Die Juden hätten auswandern können. Das wäre sicher zu ihrem Vorteil
gewesen.“ Dass er besagte Entfremdung selber tatkräftig vorangetrieben hat,
lässt Jünger freilich unerwähnt.

12 „Seit ein Gespräch wir sind, / an dem / wir würgen, / an dem ich wiirge“,
lautet ein Gedichtfragment zu „Todtnauberg“. In: HKA 9.2, S. 107.

13 Theo Buck (a.a.O.), S. 26.

14 Paul Celan — Peter Szondi. Briefwechsel. Mit Briefen von Giséle Celan¬
Lestrange an Peter Szondi und Ausziigen aus dem Briefwechsel zwischen Peter
Szondi und Jean und Mayotte Bollack. Hg. v. Christoph König, Frankfurt/M.
2005, S. 40. (Hervorhebungen des Autors).

15 In: Paul Celan. Hg von Werner Hamacher und Winfried Menninghaus,
Frankfurt/M.: Suhrkamp 1988, 5. 22.

16 Alseiner „auch mit den Schriften Peter Kropotkins und Gustav Landauers
Aufgewachsenen“ bezeichnet sich Celan in seiner Büchner-Preis-Rede (PCM,
S. 3) und in mehreren Nachlassfragmenten.

17 FAZ vom 27. Januar 2005, S. 37.

18 Die Abschiedsformel allein, laute sie auch „In Dankbarkeit und Verehrung‘,
ist noch kein Beweis für „aufrichtige Hochachtung“, wie Wimbauer meint.
Auch die Anrede „Sehr geehrter Herr Ernst Jünger“ istes nicht. Das wichtigste
Argument Wimbauers ist die Paulownia, die Celan in seinem Brief spielerisch

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anführt. Mit „Blatt und Blüte der Paulownia“ signalisiert zwar Celan, dass er
Jüngers Vorliebe für diesen Baum kennt und auch teilt, damit steht er aber
keineswegs „schon inmitten der Jüngerschen Weltbetrachtung“. Außerdem,
wie Bollack richtig vermerkt, spielt Celan daraufan, dass er, Paul, mit seinem
Namen in der Paulownia gleichsam präsent ist. Aufgrund mehrerer Zitate
aus Jüngers Schriften, in denen die Paulownia vorkommt, hebt Wimbauer
hervor: „Fast immer, wenn Jünger die Paulownia erwähnt, ist das Jüdische
präsent - hier als Baum, der Judenbaum, dort die Gegenwart des Gesetzes in
der Synagoge.“ Wimbauer möchte, so scheint es, Celan an Jünger annähern,
indem er Jünger in Richtung eines Philosemiten und Celan in die Nähe von
Jüngers Jüngern rückt. Beides ist abwegig.

19 Vgl. Paul Celan: Die Niemandsrose. Vorstufen — Textgenese— Endfassung.
Tübinger Ausgabe, Frankfurt/M. 1996, S. 148ff.

20 Ernst Jünger: Der Waldgang, Stuttgart 1951. Seitenangabe im Text.

21 Ernst Jünger: Der Friede. Als Privatdruck erschienen im Ernst Klett Verlag
Stuttgart 1964. Zitiert wird aus der Auflage 1965, Seitenangaben im Text.
22 Zum Beispiel Hans Magnus Enzensberger, der zu dieser Zeit regelmäßig
im „Spiegel“ seine Rezensionen („Lektüren“) veröffentlichte und bei Celan im
Rufeines „Links-Nibelungen“ stand. Am 2. Mai 1961 brachte „Der Spiegel“
seine Rezension des Bandes „Der Ruf. Eine deutsche Nachkriegszeitschrift“
(dtv 1962), die Celan als eine „gradgespiegelte Lüge“ erfahren haben dürfte.
23 Vgl. Mikrolithen 44: „Wahrscheinlich wäre es interessant zu untersuchen,
wie und wo das Jüdische auftaucht. Wie oft sich das auf die als totale Umkehr
bezeichnete Umstülpung des Klischees von gestern zurückführen läßt, d.h.
wie Abraham Krummnase sich in Mirjam Mandelaug verwandelt.“

24 Mit Dank an Werner Wögerbauer für diesen Hinweis.

25 Einige Briefstellen aus dieser Zeit verdeutlichen, was Celan in diesem
Zusammenhangmit „vergoldet“ meinte. So schrieb er in einem Briefan Klaus
Demus, datiert aufden 2. Feber 1961: „[...] diese sich literarisch gebende Maf¬
fia, alle diese vergoldeten Giftzähne [...]“. (PC/KND, 370) Einen Tag später,
am 3. Februar 1961, bezeichnete er als „vergoldeten Giftzahn“ die als „giftig“
bzw. antisemitisch erfahrene und gleichzeitig mit Lob „vergoldete“ Kritik im
nicht abgeschickten Briefan Karl Krolow: „Wie schrieb doch K.A. Horst, als
er meine Parzeam Boden zerstörte und dann, nach altbewährten Brauch, den
Giftzahn mit einem „Kompliment“ vergoldete?“ (GA 517).

26 Hinter dem Pseudonym verbirgt sich Wolfgang Frommel (Kassel 1902 —
Amsterdam 1986), eine schillernde Figur aus dem ferneren Dunstkreis um
Stefan George. Nach vergeblichen Versuchen in den engeren Kreis des Meisters
aufgenommen zu werden emigrierte er nach Amsterdam, wo er 1939 einen
eigenen Dichterkreis („Castrum Peregrini“) um sich bildete, den er ganz nach
dem Vorbild des George-Kreises führte. Einige seiner Jünger jüdischer Herkunft
konnten bei ihm untertauchen und überleben, nicht zuletzt dank Frommels
guten Beziehungen zu mehreren Besatzungsoffhizieren. Daher konnte Frommel
nach dem Krieg „Castrum Peregrini“ als ein Nest des Widerstandes gegen die
Nationalsozialisten präsentieren. Näheres dazu in: Thomas Karlauf, Stefan
George. Die Entdeckung des Charisma, München 2007.

27 Toepfer bescheinigt in seinem Geleitwort von 1964 Ernst Jünger dieselben
„europäischen“ Tugenden, die ihm Ernst Jünger für die Zwecke seines Entna¬
zifizierungsverfahrens in einer eidesstattlichen Erklärung vom 21. September
1947 bescheinigt hatte. Das geht bis in den Wortlaut und hört sich wie gegen¬
seitiger Austausch von Persilscheinen an. So erklärt Jünger, Toepfer habe ihm
im Frühsommer 1943 in einem Gespräch im Park des Pariser Offizierskasinos
seine Ansichten über die deutsche politische Entwicklung mit den folgenden
Worten anvertraut: „Die Epoche des Nationalismus ist vorbei. Wir müssen
zu europäischem Denken und Handeln unter völliger Gleichberechtigung
aller europäischen Kulturen und Völker nach dem Vorbild der Schweiz
kommen. [...] An die Stelle der Unterdrückung müssen Freiheit und Toleranz
treten.“ In seiner Erklärung bescheinigt Jünger auch noch Toepfers geistige
Urheberschaft für seinen Essay. Nachdem ihm Toepfer seine Ansichten über
Freiheit, Toleranz und europäische Völkerfreundschaft entwickelt hatte, habe
er erklärt: „Ich halte es für wichtig, einen Aufrufan die Jugend Europas unter
diesen neuen und zukunftsträchtigen Gesichtspunkten vorzubereiten. Die
europäische Gegenwart ist vom Kriegsgeist erfüllt. Unter diesen Umständen
müsste ein derartiger Aufruf von einem anerkannten Soldaten und unantast¬
baren deutschen Patrioten verfasst werden, um den Kern der europäischen
Jugend, die deutschen Soldaten zu überzeugen und zu packen. Dafür sind Sie,
Jünger, der richtige Mann.“ So habe Toepfer zu ihm gesprochen, versichert
Jünger an Eides statt und setzt fort: „Die Gedanken Toepfers deckten sich
miteigenen, früher geäusserten Auffassungen und Skizzen. Die Zustimmung
viel mir daher sehr leicht. Ich machte mich schon am nächsten Tage an die