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Arbeit, der ich den Titel ‚Der Friede‘ gab.“ Jüngers eidesstattliche Erklärung
für Toepfers Entnazifizierungsverfahren am 7. Oktober 1947 befindet sich
in Toepfers Nachlass. Veröffentlicht ist sie im Anhang des Artikels von Piet
Tommissen: Ernst Jüngers Friedensschrift. Versuch einer Rekonstruktion
ihrer Geschichte und ihres Schicksals, in: Tobias Wimbauer (Hg): Anarch
im Widerspruch. Neue Beiträge zu Werk und Leben der Brüder Ernst und
Georg Jünger, Eisenhut Verlag Silvia Stolz-Wimbauer, Hagen-Berchum, 2.,
veränderte Auflage 2010, S. 303.

28 Vgl. „Der Waldgang“ (a.a. O.),S. 77: „Der Waldgang ist das einzige Mittel,
das ohne Rücksicht aufkünstliche Grenzen und über sie hinweggemeinsamen
Zielen gewidmet werden kann.“

29 Näheres dazu von Klaus Briegleb: Mißachtung und Tabu. Eine Streitschrift
zur Frage: „Wie antisemitisch war die Gruppe 47?“, Berlin, Wien 2003,
besonders $. 165-266.

30 Ebd., S. 195.

31 Vgl. Helmut Böttiger: Die Kirschen des Alfred Andersch. Zwischen Patrio¬
tismus, Kommunismus, innerer Emigration, eine Lesung im Deutschlandradio
vom 26.04.2011 (http://www.dradio.de/download/136858). Die hierzitierte
Briefstelle lautet: „Da ich also lesen kann, kann ich nur feststellen, dass für
mich die letzten Konsequenzen des ‚Waldgangs‘ und der ‚Minima Moralia‘
in einer Linie liegen; und wenn Thomas Mann nach Europa zurückkehrt
und Jünger den Nationalismus aufgibt, dann beweist das für mich, dass sehr
verschiedene Wege auf einen Punkt zusammenlaufen, der Aufstand heißt.
Aufstand alles dessen, was Geist oder Kunst oder ‚Sein‘ heißt, (Sie sehen, ich
konzediere im Formalen, was Sie wollen!) gegen den ideologischen Wahnwitz
der totalitären Systeme, die den Vordergrund der Epoche beherrschen.“ „Ein
linker Waldgänger“, titelte noch am 18. Februar 2000 das Wochenblatt „Junge
Freiheit“ einen Artikel über Alfred Andersch.

32 Detlev Schöttker in: Arbeit am Abgrund (a. a. O.),S. 232.

33 1960, eine genaue Datierung fehlt, notierte Celan: „Es ist kein Zeichen der
Umkehr, wenn mit denselben, mitanderen Worten, aber im selben Tonfall wie
gestern, die Dinge und Menschen gelobt werden, die man gestern verdammt
hat.“ (Mikrolithen, 25).

34 Celan war, wie einem Brief an Rudolf Hirsch vom 31. Januar 1960 zu
entnehmen ist, buchstäblich sprachlos. Nachdem er ausführlich aus Schroers‘
Briefzitiert, bittet er Hirsch um Rat: „Dies nach acht Jahren Freundschaft, nach
vielen, oft noch im Finstersten unternommenen Bemühungen ... glauben Sie,
daß ich jetzt noch antworten muß?“ Aus Hirschs Antwortbriefvom 9. Februar
1960 geht iibrigens hervor, dass Schroers auch ihm eineähnliche Frage vorgelegt
hatte. Allerdings reagiert Hirsch erstaunlich milde: Dass Schroers diese Frage
gerade an Celan gerichtet habe, spreche für ihn, Celan möge ihm antworten
und ihn gerade jetzt nicht als Freund aufgeben, sonst könnte bei Schroers das
Finstere gewinnen und das dürfe man nicht fördern. Celans Entscheidung
scheint aber fest zu stehen. In seiner Antwort vom 16. Feber 1960 erklärt er
resolut: „Und ich kann auch nicht der Freund eines Menschen sein, der sich,
nicht ohne eine gewisse Koketterie übrigens, zu einem ‚gemäßigten‘ Antise¬
mitismus bekennt.“ In: Paul Celan — Rudolf Hirsch — Briefwechsel. Hg. von
Joachim Seng, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2004, S. 98-102.

35 Rolf Schroers: Der Partisan. Ein Beitrag zur politischen Anthropologie.
Kiepenheuer & Witsch: Köln-Berlin 1961. Seitenangabe im Text.

36 Es sei denn, Celan meint damit die Verwendung des jiddischen Worts
„Mischpoke“, abwertend für „Familie, Gesellschaft“, und eine Stelle aus dem
Meridian, die Schroers unvollständig zitiert hat: „Gehuldigt wird hier der für
die Gegenwart des Menschlichen zeugenden Majestät des Absurden“. (RF231)
37 Briefvom 19. Oktober 1960, zitiert nach: Dirk van Laak: Gespräche in der
Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der politischen Geistesgeschichte
der frühen Bundesrepublik. Berlin: Akademie Verlag 1993, S. 252£.

38 Carl Schmitt: Theorie des Partisanen: Zwischenbemerkung zum Begriff des
Politischen. Berlin: Duncker & Humblot 1963. Seitenzahl im Text.

39 Vel. Eva Horn: ,, Waldganger*, Traitor, Partisan. Figures of Political Irregu¬
larity in West-German Post-War Thought, in: The New Centennial Review
2004/4:3, Special Issue: Carl Schmitt: Theory of the Partisan, hg. v. David
Johnson, S. 125-143.

40 Das vollständige Zitat lautet: „Der Wahn ist auch dort, wo Hitler und der
Nationalsozialismus mit den entschiedensten Worten abgelehnt werden, dann
aber sogleich die analoge, ja identische Denkungsart sich zeigt. In der’ Tat, Na¬
tionalsozialismus kehrt nicht wieder. Dasselbe Unheil nimmtandere Gestalten
an.“ In: Hans Habe: „Dasselbe Unheil nur in anderer Gestalt“, Kölnische
Rundschau vom 3.6.1970. Auch in: Ulrich Konietzny: „Lesen Sie! Immerzu

nur lesen, das Verständnis kommt von selbst.“ Die Bedeutung von Intention
und Rezeption beim Verständnis der Lyrik Paul Celans, Utrecht 1987, S. 178.
41 Es handelt sich um durch Hans Werner Richter frei erfundene Vorwürfe, die
Schroers schwer belasteten. Erwiesenerweise war Schroers zur fraglichen Zeit
nichtin Italien. Vgl. Helmut Peitsch: Der Soldat als Mörder- eine „Kunstfigur“?
Zum „Fall Schroers“ 1959/60, in: Stephan Braese (Hg.), Bestandsaufnahme.
Studien zur Gruppe 47, Berlin 1999, S. 247-271. Möglicherweise, so Barbara
Wiedemann, die dazu auch ausführlich Stellung nimmt (RE 451f.), habe
Celan unter Einfluss von Paul Schallück und Heinrich Böll daran geglaubt.
42 In: Carl Schmitt: Glossarium. Aufzeichnungen der Jahre 1947-1951.
Postum hg. v. Eberhard Freiherr von Medem, Berlin 1991, S. 18.

43 Vel. Gerhard Scheit: Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre.
Frankfurt/M.: Suhrkamp 2000, S. 132f.

44 Ebd., S. 65.

45 In seinem Abschiedswort an den Nürnberger Vernehmer Robert M.W.
Kempner habe Schmitt auf die Frage, was er nun tun werde, geantwortet,
er werde sich fortan in die Sicherheit des Schweigens begeben. In: Dirk van
Laak (a.a.O.), S. 33.

46 Allerdings brachte es Globke unter Adenauer zum Staatssekretär im
Bundeskanzleramt, während Schmitt amtlos blieb, weil er eine formelle
„Entnazifizierung“ ablehnte und sich im Unterschied zu Globke weigerte,
den entsprechenden Fragebogen auszufüllen.

47 Das ganze Fragment lautet: „Scholle und Ballmücken. Sieben- und andere
Spießbürger. - Im Hintergrund: Nebenneanderthaler-Braunes.“ (Mikrolithen
47, Hervorhebung im Original)

48 Am 30. Juni 1934 ließ Hitler in der sog. „Nacht der langen Messer“ Ernst
Röhm unter dem Vorwand des Verrats und der Homosexualität ermorden.
Auch die gesamte Führungsriege der SA, seiner „revolutionären Volksmiliz“,
wurde umgebracht. Rückwirkend wurden die Morde mit einem durch Carl
Schmitt initiierten „Staatsnotwehr“-Gesetz legitimiert.

49 Näheres dazu in: Dirk van Laak (a.a.O.), S. 43-69.

50 Hans Egon Holthusen: Vollkommen sinnliche Rede, in: Mein Gedicht ist
mein Messer. Lyriker zu ihren Gedichten, hg. v. Hans Bender, Heidelberg 1955,
S. 49. Das vollständige Zitat lautet: „Das sind ganz sicher keine geglückten
Metaphern, es sind poetische Wechselbälge, künstlich, wie in der Retorte
gezüchtet. Der metaphorische Impuls scheint von der Laune einer bloßen
X-Beliebigkeit gelenkt zu sein.“ Holthusen, der 1933 der SS und 1937 der
NSDAP beitrat, und es nach dem Krieg zum führenden Kulturfunktionär
der Bundesrepublik brachte, war nicht nur blind für den Wirklichkeitsbezug
von Celans Dichtung, er hat sie auch als „poetischen Wechselbalg“ wahrge¬

nommen, will sagen, als einen vom Juden Paul Celan der deutschen Dichtung
untergeschobenen „Balg“.

51 Vgl. u. a. Celans Briefan Hans Bender vom 18. Mai 1960: „Man komme
uns hier nicht mit ‚poiein‘ und dergleichen.“ In: Paul Celan: Gesammelte Werke
in fünf Bänden. Hg. v. Beda Allemann u. Stefan Reichert unter Mitwirkung
v. Rolf Bücher, Frankfurt a. M. 1983, Bd. III, S. 177.

52 Vgl. die Interpretation von Ulrich Konietzny in: Sinneinheit und Sinn¬
kohärenz des Gedichts bei Paul Celan, Bad Honnef: Bock + Herchen 1985,
S. 117-137, wie auch ders.: Huhediblu, in: Kommentar zu Paul Celans „Die
Niemandsrose“, hg. von Jürgen Lehmann unter Mitarbeit von Christine

Ivanovic, Heidelberg: C. Winter 1997, S. 295-306.

„Ein Dröhnen“

Der Übertitel dieses Heftes Nr. 1/2020 zitiert ein Gedicht Paul
Celans aus seinem Band „Atemwende“ (1967), entstanden am
6. Mai 1965:

„Ein Dröhnen: es ist/ die Wahrheit selbst/ unter die Menschen/
getreten,/ mitten ins/ Metapherngestöber.“

Barbara Wiedemann vermutet in ihrem Kommentar zu dem
Gedicht eine Bezugnahme auf Pascals Wort: „Nicht das Land
der Wahrheit ist hier, sie irrt unerkannt unter den Menschen.“
So gelesen und im Hinblick auf den zur gleichen Zeit im Gang
befindlichen Frankfurter Auschwitz-Prozess erscheint diese „Wahr¬
heit“ als eine verzweifelte Hoffnung auf Gerechtigkeit und als
bittere Enthülling zugleich. Poetologisch könnte das Gedicht als
eine Absage an alle Metonymie gelesen werden.

März 2020 45