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AutorInnen“ in der letzten Zwischenwelt¬
Nummer gelesen - sie spricht mir aus dem
Herzen.

Vorweg: Ich war einmal ein Handke-Fan in
seiner frühen Grazer Zeit, als er wesentlich zur
Befreiung des Schreibens von der verstockten
Enge der NS-affinen Südmark-Denke beitrug.
Dann hab ich erlebt, wie er neben mir einen
Polizisten körperlich züchtigte, weil er ihn— den
aufstrebenden Stern - nicht erkannte. Da wurde
ich ein skeptischer Fan. Als ich 1987 von Afrika
zurückkam - ich war dort im Rahmen der ös¬
terreichischen Entwicklungshilfe tätig — konnte
ich ihn fast nicht mehr lesen. Seine Themen
erschienen mir angesichts der weltweiten Ar¬
mut und Not als nebensächlich, als narzisstische
Selbstbespiegelung des Bewohners eines „Elfen¬
beinturms“. Und dann kam das Thema Serbien
und der Nobel-Preis. Seine Abqualifizierung der
Fakten und der Kritiker haben mich erschüttert.
Sie ist im Zusammenhang mit dem derzeitigen
Populismus unverantwortlich. Ich erwarte mir
noch immer von der Literatur, dass sie sich für
das Leben im Sinne von Menschlichkeit ver¬
antwortlich fühlt.

Uwe Baur, Graz, 13. April 2020

Zur Besprechung von Simon Strangers Roman
„Vergesst unsere Namen nicht“ von Sonja Pleßl
in ZW Nr. 1/2020, S. 48-54.

Liebe Sonja Pleßl, mit großem Interesse habe
ich deine beiden Beiträge in der Zwischenwelt
gelesen: So eine elaborierte Buchbesprechung
fand ich sonst nirgendwo - eben außer in der
Zwischenwelt. Ich schätze sehr die durchgängi¬
ge Genauigkeit, das „gnadenlose“ Drehen und
Wenden eines Gegenstandes bei seiner Unter¬
suchung in einem historischen Kontext, der
kritischen Betrachtung von S. Strangers Roman

„Vergesst unsere Namen nicht“. [...] Wirklich
eine reichhaltige Charakterisierung, auch durch
genaue Zitierung an den jeweiligen Stellen, das
Gegenteil von einer pauschalen Be-oder /Verur¬
teilung. Ich habe viel gelernt über das, was mir
noch gänzlich unbekannt war und vor allem,
wie eine Buchbesprechung eigentlich sein sollte.
Brigitte Menne, Wien, März 2020

Zur Besprechung des Bandes „Kinder der Rück¬
kehr“ von Elisabeth Fritsch in ZW Nr. 1/2020,
S. 72-74.

Danke Zwischenwelt für die Veröffendichung der
ausgezeichneten Rezension „Kinder der Rück¬
kehr“ von Elisabeth Fritsch. Es geht um Kinder
kommunistischer Rückkehrer. Die Rezensen¬
tin beanstandet mit Recht, dass diejenigen, die
„keine Erfolgsstorys zu erzählen haben“, im von
Ernst Berger und Ruth Wodak herausgegebenen
Buch nicht vorkommen. Tatsächlich darf man
sich nicht wundern, wenn diejenigen, die mit
Erfolg sich in die österreichische Gesellschaft
integriert haben, nicht gerne daran erinnert
werden, dass nicht alle Rückkehrer bzw. ihre
Kinder erfolgreich waren.

2000 oder 2001 fragte mich Ruth Wodak,
ob sie meine 1995 im FORVM veröffentlichte
autobiografische Geschichte „Rückkehr nach
Österreich“ in einem Sammelband publizieren
dürfe. Ich stimmte zu. Nachdem „Das kann
einem nurin Wien passieren“ herauskam, wurde
ich gefragt, ob ich bei der Buchpräsentation
meine Geschichte vorlesen wolle. Auch dazu gab
ich meine Zustimmung. Aufdem Weg zum Cafe
Prückl trafich Ruth Wodak und die Leiterin des
Czernin Verlags. Auch in diesem Band konnte
man nur die Geschichten von Erfolgreichen
lesen und ich bemerkte, dass ich als Einführung

Maria Urban, Wiener Schauspielerin (1930¬
2019), 50 Jahre lang Ensemblemitglied des
Wiener Volkstheaters, erzählte im Jahre 2010
in der Öl-Sendung „Menschenbilder“ über die
Premiere des Stücks „Der Stellvertreter“ im Jahr
1964 in Wien, woran sich anlässlich des Todes
von Rolf Hochhuth leider niemand genauer
erinnern wollte:

Das war zu einer Zeit, wo das Burgtheater und
die Josefstadt — die haben keinen Sartre angerührt,
keinen Genet, keinen Ionesco — nichts von alldem.
Das hat alles der Epp [Direktor des Volkstheaters]
gespielt. Und es hieß dann auch: Das ist das mu¬
tigste Theater Wiens. Und das Allermutigste war,
wie er den „Stellvertreter“ gespielt hat. Das war

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ich auch drin; ich war eine schwangere Jüdin auf
dem Transport nach Auschwitz. Und der Epp hat
Drohbriefe gekriegt, sie haben das Theater ang¬
schmiert, und es hat sich herumgesprochen, dass der
Pater Leppich, ein Jesuitenpater, mit einer Gruppe
Junger Leute in die Premiere kommen wird, um sie
zu stören. Und dass die alle eingestrichene Bücher
haben, wo genau steht, wann sie Buh schreien
müssen, wann sie Pfui schreien müssen und so.
Und so mit einem bissl flauen Gefühl haben wir
angfangen, und die Vorstellung wurde drei Mal
unterbrochen, und Epp ist immer vor den Vor¬
hang gegangen und hat eine Brandrede gehalten,
für uns und. Und dann gings wieder weiter. Bis
zum Schluss — und am Schluss war Inferno! Bravo!

doch ein Wort über diejenigen sagen möchte,
die an der Rückkehr scheiterten.

Kaum hatte ich mich im Cafe gesetzt, kam die
Verlagsleiterin an meinen Tisch und sagte, es sei¬
en zu viele, die vorlesen werden, und deswegen
solle ich doch nicht böse sein, wenn ich nicht
dazu gebeten werde. Natürlich hat der Verlag
ein Recht zu bestimmen wer vorliest. In diesem
Fall aber war ich ganz sicher, dass meine unver¬
blümte Bemerkung zu meiner Ausladung führte.
Nach einer Weile kam die Verlagsleiterin wieder
zu mir und wünschte, ich solle doch vorlesen,
„aber verzichten Sie bitte auf Ihre einführenden
Worte“. An den Geschichten der Erfolglosen
hat man bis heute anscheinend kein Interesse.
Karl Pfeifer, Wien, 7. April 2020

Berichtigungen

In der in ZW Nr. 1/2020, S. 18-20, ver¬
öffentlichten Laudatio Alois Woldans auf die
Theodor Kramer-Preistragerin Claudia Erdheim
wird deren Geburt irrtümlich in die Kriegszeit
vorverlegt. Tatsachlich ist die am 6. Oktober
1945 geborene Claudia Erdheim ein Kind der
unmittelbaren Nachkriegszeit, ihre Schwester
Maria hingegen wurde 1941, also „mitten im
Krieg“, wie Alois Woldan schreibt, geboren.
Wir danken Elisabeth Fritsch für den Hinweis.

Peinlicherweise wurde die Rezension von Nadja
Strassers Autobiographie in ZW Nr. 3-4/2019
S. 96 und in ZW Nr. 1/2020, S. 75 zweimal
abgedruckt. die Red. bittet um Nachsicht fiir
das Versehen.

Prui! Buh!— Das ging eine ganze Weile, und dann
plötzlich hat sich das Interesse von uns abgewendet
auf der Bühne, und die Leute unten haben zu
streiten angefangen; da waren die Anhänger und
die Gegner, und es kam sogar zu Tätlichkeiten. Die
Billetteure haben manche in ein Kammerl gesteckt,
weil die zu raufen angfangen haben. Und einer der
größten Befürworter— und das hat uns besonders
gfreut — war der Professor Friedrich Heer; der hat
auch Theaterkritiken in der „Furche“ geschrieben
und war ein ganz besonderer Mann, und der hat
das Stück verteidigt. Und diese Saalschlacht ging
20 Minuten, und dann haben wir die Polizei gholt,
und die hat das Theater geräumt.

Mitgeteilt von Karl Wimmler.