und Ehrverlust“ verurteilt worden. In seiner Einheit in Karlovasi
waren rund 25 Österreicher, von denen nur einer wegen kriminel¬
ler und zwei wegen Wirtschaftsdelikten und die anderen wegen
politischer Delikte gerichtlich verfolgt worden waren. Er berich¬
tete, dass er über die Frau eines Griechen, die aus Wien stammte,
in Karlovasi Verbindung zu den Partisanen aufnehmen konnte,
die er und seine Freunde in der Folge dadurch unterstützten, dass
sie sie vor bevorstehenden Razzien warnten. Ihr Ziel war, vor
allem danach zu trachten, im Fall eines englischen Angriffs die
Macht den Nationalsozialisten auf der Insel zu entreißen.
Aufstand planen und überlaufen
Neben den Desertionen einzelner zu den Einheiten der ELAS
versuchten immer wieder auch größere Einheiten geschlossen
überzulaufen. So etwa jene im Juni 1944 aus Baumholder zum
Teil zum zweiten Mal nach Griechenland überstellten 999er.
Diese versuchten bereits unmittelbar nach der Ankunft in Volos
mit den Kämpfern der ELAS in Kontakt zu treten, um diese in
einen Aufstandsplan und in einen darauffolgenden Übertritt der
Soldaten mit Waffen und Munition einzubeziehen. In einem Ge¬
meinschaftsbericht von deutschen 999ern heißt es dazu:
Unsere schon in Baumholder gebildete illegale Leitung [...] begann
in Volos einen Aufstandsplan auszuarbeiten. Danach sollten alle
Stützpunkte um und in Volos gemeinsam losschlagen. Ein wichtiges
Ziel dabei war, die Funkstation, zu welcher wir keine Verbindung
hatten, in Besitz zu nehmen. Unsere Feldgeschütze in Volos hatten
keine solche Schussweite, dass sie die Funkstation erreichen konnten.
Nach Lage der Dinge mussten unsere Genossen auf dem in der Nähe
der Station gelegenen Stützpunkt Plässidi die Auslösung für die In¬
besitznahme der Funkstation geben.
Zentral auf diesem Stützpunkt war der aus Bruck an der Mur
stammende Kommunist Karl Mandl, der auch Verbindung zum
54. ELAS Regiment herstellte und dieses in den Aufstandsplan
einband, in dem es einen Scheinangriff unternehmen sollte, wäh¬
rend gleichzeitig die Aufständischen mit allen Waffen zu den
Partisanen überlaufen wollten. Nachdem der Plan aber verraten
worden war, flohen Mandl und die Österreicher Franz Prinz und
Konrad Friedl mit einigen Deutschen allein zur ELAS. In den
Stützpunkten rund um Volos wurden mehrere 999er verhaftet,
einer zum Tode verurteilt und hingerichtet. Zahlreiche andere
flohen in der Folge allein und in kleineren Gruppen zur ELAS,
wie der Deutsche Ludwig Gehm festhielt: „Innerhalb von 14 Ta¬
gen sind 64 Mann aus meiner Kompanie geflohen, Deutsche und
Österreicher.“ ?° Die zur ELAS Übergelaufenen veröffentlichten
unter dem Namen „Antifaschistischer Ausschuss für Volos und
Umgebung“ am 20. September 1944 ein Flugblatt, das sich an
die ehemaligen Kameraden richtete und das u.a. von Mandl,
Friedl und Prinz gezeichnet war. Darin hieß es:
Achtung! Kameraden, die ihr noch bei den Nazitruppen seid! Dieser
Aufruf kommt zu Euch aus einem Ort des freien Griechenlands,
wo wir uns zusammengefunden haben. Wie können wir Euch ver¬
sichern, dass es keine leere Propaganda wie bei Goebbels ist, wenn
wir aussprechen, dass wir über unsere überaus gute Aufnahme beim
ELAS in das grösste Staunen versetzt wurden. Die Soldaten des frei¬
en Griechenlands teilen mit uns ihr Lager u. ihr Essen. Wir sind
genau die gleichen Kameraden wie ihre eigenen Kameraden. Und
das alles in einem Land, in das Hitler nur Mord u. Verwüstung ge¬
bracht hat, das dürfen wir nie vergessen. KAMERADEN! Wir rufen
Euch, die Ihr noch unentschlossen seid, kommt sofort zum ELAS,
wenn Euch noch etwas an Eurer Heimat, Euren Familien u. Eu¬
ren Lieben gelegen ist. Dafür können wir im Namen des ELAS die
Bürgschaft übernehmen. Der Krieg geht zu Ende. Unsere Rückkehr
nach Deutschland geht nur über den ELAS. Ergreift diese letzte u.
einzige Möglichkeit, nehmt Eure Waffen u. kommt zu uns. So dient
Ihr unserem Vaterland u. Euren Familien mehr, als wenn Ihr in ei¬
nem aussichtslosen Kampf für die Nazibonzen noch den Tod erleidet.
Der ELAS verlangt von uns nur, dass wir diesen Plünderungskrieg
einstellen. Wollt Ihr für alle Zeiten für die Grausamkeiten der SS
verantwortlich werden? Wenn nicht, dann macht Schluss.”
Diese Propaganda des „Antifaschistischen Ausschusses für Volos
und Umgebung“ führte schließlich dazu, dass bei der ELAS eine
„Hundertschaft Volos“ gebildet wurde, in der der Brucker Mandl
einer der drei Leitungsfunktionäre war und die am 16. Oktober
noch kurz vor dem Abzug der Deutschen gegen eine Wehrmachts¬
einheit in einen Kampfeinsatz kam.”
Propaganda an der Front durch Osterreicher erfolgte auch in der
Nähe, wo im September der Leobner Kommunist Karl Fladerer im
40 Kilometer entfernten Farsala zur ELAS übergelaufen war und
in der Folge zu einer Propagandaeinheit abkommandiert wurde:
Zwei Monate lang sprach ich täglich mit dem Megaphon zu den
deutschen Landsern über ihre ausweglose Lage — sie sollten überlau¬
fen. Man hörte auf der anderen Seite eine Weile zu, aber dann setzte
aus Granatwerfern ein Trommelfeuer auf mich ein, so dass ich mich
unter Partisanenschutz jedes Mal von meinem Standplatz zurück¬
ziehen musste.”
Einen Aufstand planten auch einige Angehörige der 3. Kompa¬
nie des IX. Festungsbataillons 999 auf der Insel Leros, wobei sie
diesen mit der Hilfe der Briten umsetzen wollten, wie der Wiener
Adalbert Eibl berichtete, der hier gemeinsam mit den Wienern
Dr. Leo Sirb und Franz Pemberger und einige Deutschen eine
Widerstandsgruppe aufgebaut hatte:
Das Ziel war, mit Hilfe eines englischen Kommandos einen bewaff¬
neten Aufstand zu organisieren. Die Engländer hatten uns Hilfe
zugesagt. Die Vorbereitungen für den bewaffneten Aufstand waren
im April 1944 abgeschlossen. Den Stützpunkt zu kassieren und zu
halten, bis die Engländer kamen, das war der Plan. Allein wären
wir zu schwach gewesen, denn wer hätte uns unterstützt? Man muss
sich ja vorstellen, da lagen schwere Batterien von der Marine, da
waren 1500 Mann Marineinfanterie in den besten Positionen, bei
der Artillerie, bei der Flak. Jeder Punkt war zu erreichen mit diesen
Geschützen und mit 1500 Mann kann man ja so einen Flecken stür¬
men. Ohne Unterstützung der Engländer war es unmöglich. Aber
die Engländer haben uns bald wissen lassen, dass sie kein Interesse
haben. Sie haben uns sogar gedroht: Wehe, wir würden etwas insze¬
nieren. Sie würden nicht kommen, um uns zu helfen. Im Gegenteil,
sie machten uns darauf aufmerksam, dass wir die volle Verantwor¬
tung für uns und für das Leben der Zivilbevölkerung tragen würden.
Sie würden die Insel nehmen, besetzen, wenn es an der Zeit ist.“
Diese Zeit kam dann im September 1944.
Abzug der Wehrmacht und Überlaufen zur ELAS
Auf Grund des Vormarsches der Roten Armee in Richtung Bal¬
kan einerseits und der Kriegserklärung Bulgariens am 8. Septem¬
ber 1944 andererseits musste die Wehrmacht im Herbst 1944 - so
sie nicht abgeschnitten werden wollte — mit dem Rückzug aus