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Waffenstillstands Italiens mit den Alliierten aus ihrer Besatzungszone in Frankreich zurückzogen. Zwei Tage später hielt die Gestapo unter dem Befehl von Alois Brunner ihren Einzug in Nizza. Es ist bekannt, daß die Jagd auf die Juden in Nizza zu den schlimmsten in Westeuropa gehörte. Dank der Hilfe durch die Bevölkerung und kirchliche Institutionen verlief sie jedoch weniger erfolgreich, als Brunner es gewünscht hätte.” Schlußbemerkung Die Zahl der Juden, denen es gelang, illegal nach Frankreich einzureisen, ist schwer zu schätzen. Auf der Grundlage aller verfügbaren Angaben kann man sagen, daß es mindestens 2.000 waren. Dieser an sich schon erheblichen Zahl sind die Flüchtlinge hinzuzufügen, die keine Spuren in den Akten der Behörden hinterlassen haben. Man darf daher von der Annahme ausgehen, daß es sich insgesamt um 3.000 bis 3.500 Personen handelte. Noch gewagter ist eine Aussage über den Anteil österreichischer Juden an dieser Wanderungsbewegung. Die ermittelten Daten bezeugen ihre Teilnahme an allen nachgewiesenen Bootstransporten: Im Juli 1939 bildeten sie durchschnittlich dreißig Prozent der Gesamtheit, mit Spitzenwerten im darauffolgenden August von fünfzig Prozent. Dieser Anteil blieb bis Mai 1940 annähernd konstant. Die Zahlen zur Benutzung des Landwegs Anmerkungen 1 Maßnahmen gegenüber den ausländischen Juden, Königliches Gesetzesdekret Nr. 1381 vom 7.9. 1938. In: Gazzetta Ufficiale, 12.9. 1938, Nr. 208. 2 Zur Flucht deutscher und österreichischer Juden nach Italien und zu den Auswirkungen der antisemitischen Maßnahmen von September 1938 auf ihren dortigen Aufenthalt vgl. Klaus Voigt: Zuflucht auf Widerruf. Exil in Italien 1933 —1945. Bd. 1. Stuttgart: Klett-Cotta 1989. 3 Archivio Centrale dello Stato, Rom (fortan zitiert mit ACS), PS 1930 - 1955, Busta 721, Massime. S. 11.78/14, Innenministerium an Präfekten, 28.1. 1939. 4 Voigt: Zuflucht auf Widerruf, Bd. 1, 294ff. 5 ACS, Direzione Generale per la Demografia e la Razza, 1915 — 1944, Busta 2/20 Ebrei stranieri, Testo approvato dal Duce e diramato, 15.3. 1939. 6 ACS,PS,A 16 Ebrei stranieri, Busta 1/A 1/4, Innenministerium an Präfekten und Grenzpolizei, 5.4. 1939. 7 Paolo Veziano: Ombre di confine. L’emigrazione clandestina degli ebrei stranieri dalla Riviera dei Fiori verso la Costa Azzurra (1938 — 1940). Pinerolo: Alzani 2001, 48£f. Vgl. auch Klaus Voigt: Deutsche und österreichische Flüchtlinge aus Italien im Departement AlpesMaritimes 1933 — 1945. In: Jacques Grandjonc, Theresia Grundtner (Hrsg.): Zone der Ungewißheit. Exil und Internierung in Südfrankreich 1933 — 1945. Hamburg: Rowohlt 1993, 107-125. 8 ACS, PS, A 16 Ebrei stranieri, Busta 11/Imperia, Bericht von Achille Peruzzi an den Polizeichef, Arturo Bocchini, s.d. (Mitte Juni 1939). 9 Veziano: Ombre di confine, 94. 10 Ebenda, 107. 11 ACS, PS 1930 — 1955, Busta 721, Massime. S.11.87/1, Außen44 sind noch unvollständiger. Der Anteil österreichischer Juden war hier jedoch etwas höher als auf dem Seeweg und kann im Durchschnitt auf fünfzig Prozent geschätzt werden. Die Geschichtsschreibung hat die Flucht über die Grenze nach Frankreich oft als grobe Fehleinschätzung betrachtet. Dieses harte Urteil läßt außer Acht, daß Frankreich, neben der Schweiz, das einzige Land war, das unter bestimmten Umständen noch bereit war, Flüchtlinge aufzunehmen. Übersetzt von Klaus Voigt. Paolo Veziano, geb. 1957 in Isolabona (Imperia), beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte der Juden in der Provinz Imperia und der Situation der Juden im Gebiet um Nizza unter der italienischen Okkupation. Er arbeitet in Zusammenarbeit mit der Provinz Imperia als wissenschaftlicher Leiter an der Realisierung des überregionalen Projektes „La memoria delle Alpi“ (Die Erinnerung der Alpen) und arbeitet für die „Fondation de la Shoah“ in Nizza. 2002 publizierte er Ombre di confine. L’emigrazione clandestina degli ebrei stranieri dalla Riviera dei Fiori verso la Costa Azzurra (1938-1940). 2004 kuratierte er die Ausstellung Angelo Donati. Un ebreo modenese tra Italia e Francia, in Cento (Fe). ministerium an Innenministerium mit Aide-Me&moire der Französischen Botschaft vom 12.8. 1939. 12 ACS, PS, A 16 Ebrei stranieri, Busta 11/Imperia, Innenministerium an Präfektur von Imperia, 17.9. 1939. 13 Ebenda, Kriegsministerium, Militärischer Informationsdienst an Innenministerium, 28.9. 1939. 14 Veziano: Ombre di confine, 53ff. 15 ACS, PS, A 16 Ebrei stranieri, Busta 11/Imperia, Achille Peruzzi an Innenministerium, 8.1. 1940. 16 Ebenda. 17 Ebenda. 18 Archives Departementales Administratives des Alpes Maritimes, Nizza, Rapport de police n. 18, 25.- 27.8. 1939 (4 M 166). 19 Ebenda, Rapport de police, n. 309, 27.1. 1939 (4 M 164). 20 Mitteilung in einem Schreiben Burgers an den Verfasser. Vgl. Harry Burger: Biancacastella. A Jewish Partisan in World War Two. Denver: University Press of Colorado 1997. 21 Veziano: Ombre di confine, 175ff. 22 American Jewish Joint Distribution Comittee, 718 General 1937 — 39, Situation of Refugees in Italy, A. Chapiro, Memorandum on Refugees from Italy, 17.3. 1939. 23 Veziano: Ombre di confine, 190ff., 197. 24 Ebenda, 200ff. 25 Vgl. die Beiträge vor allem von Jean-Louis Panicacci und Barbara Vormeier. In: Jacques Grandjonc, Theresia Grundtner: Zone der Ungewifheit, 90ff. und 210ff. 26 Voigt: Zuflucht auf Widerruf. Bd. 2. Stuttgart: Klett-Cotta 1993, 241ff.; Alberto Cavaglion: Nella notte straniera. Gli ebrei di St.Martin-Vésubie. 8 settembre — 21 novembre 1943. Cuneo: L’ Arciere 1991 (2. Auflage), 21 ff.