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ben. Das Freiheitliche Bildungswerk - der Her¬
ausgeber des Jahrbuches — wird subventioniert,
es kassiert von der Republik Osterreich jahrlich
zwischen 26 und 29 Millionen Schilling Steu¬
ergeld fiir politische Bildungsarbeit. Um diese
Geldquelle nicht zu gefährden, distanziert man
sich jetzt von der eigenen Publikation — und
verfällt in gegenseitige Schuldzuweisungen.
Die Kriterien für die freiheitlichen Bildungs¬
millionen sind im Bundesgesetz über die För¬
derung politischer Bildungsarbeit geregelt.
Dort heißt es: „Der Rechtsträger muß ... das
Ziel verfolgen, die Bildung im Sinne der
Grundsätze der Bundesverfassung ... zu för¬
dern.“ Da ,,Nazidiktion“ kein Verfassungs¬
grundsatz ist, wird zu klären sein, ob und wie¬
viel die FPÖ zurückzahlen muß.

Die österreichischen Medien

Mit wenigen rühmlichen Ausnahmen wurde
über diese Prozesse und die Urteile in öster¬
reichischen Medien nichts veröffentlicht. Als
ich vor der letzten Verhandlung im Septem¬
ber 1997 den zuständigen Verantwortlichen
des öffentlich-rechtlichen Femsehens (ORF)
auf das Verschweigen dieser Prozesse an¬
sprach, meinte dieserden „Linken“ zugeord¬
nete Mann, das sei doch ,,kein Thema fürdas
Femsehen“. Immerhin haben das WDR¬
Femsehen fiinfmal und die ARD-Tagesthe¬
men einmal iiber diese Prozesse berichtet,
aber der ORF (Femsehen und Radio) und
wichtige Printmedien Österreichs agieren ge¬
legentlich in vorauseilendem Gehorsam vor
einem Jörg Haider, den man laut Urteil des
Obersten Gerichtshof als „politischen Zieh¬
vater und Ideologen des rechtsextremen Ter¬
rors“ bezeichnen darf. Das ist freilich nicht
der einzige Fall, in dem der ORF sich einer
politischen Einflußnahme beugt. Aus lauter
Angst erfüllt diese Institution ihre Informa¬
tionsaufgabe nur zum Teil. Als ARD-Tages¬
themen drei Tage vor den österreichischen
Parlamentswahlen 1995 das Videoband über
Haiders Rede vor Veteranen der Waffen-SS
ausstrahlte, weigerte sich der ORF, diesen
Bericht vor den Wahlen auszustrahlen.

Die Ausrede: Sie müßten prüfen, ob dieser Film
nicht gefälscht sei. Der vermutete Grund: Angst
des ORF, die Ausstrahlung könnte einen
„Waldheimeffekt“ erzeugen. Als Haider nach
den Wahlen in einem Interview die Meinung
vertrat, den Waffen-SSlern gebühre ‚Ehre und
Anerkennung“, und die Rechtmäßigkeit des
Urteils des Internationalen Militärgerichtshofs
in Nürnberg — der 1946 die Waffen SS als
verbrecherische Organisation qualifiziert hat —
bestritt, wurde gegen den Obmann der dritt¬
größten Partei keine Anklage erhoben.

Deutsche Reaktionen

Leider können hier nicht alle deutschen Print¬
medien, die über diese Prozesse berichteten,
genannt werden, denn es waren viele. Als erstes
berichtete die Berliner „Tageszeitung“, dann
muß die „Frankfurter Rundschau“ genannt
werden, die am häufigsten über die Affäre des

Werner Pfeifenberger schrieb. Aber auch viele
andere Zeitungen berichteten über die Prozes¬
se. Die Münsteraner Medien spielten eine be¬
sonders positive Rolle.

Obwohl Pfeifenberger wegen seinem Einsatz
für das rassistische Regime in Südafrika und
später wegen seiner „Nazitöne“ jahrelang vom
AStA (Allgemeiner Studenten-Ausschuß)
boykottiert wurde, durfte er bis zum September
1997 deutsche Hochschüler (an der Fachhoch¬
schule, nicht an der Universität) unterrichten.
Sein Rektor nahm Werner Pfeifenberger noch
kurze Zeit vor seiner fristlosen Entlassung am
12.9. 1997 in Schutz, zunächst im Sinne der
„Freiheitder Wissenschaft“ ‚dann im Sinne der
„Meinungsfreiheit. Allerdings distanzierten
sich die Lehrkräfte der Münsteraner Fachhoch¬
schule bereits 1995 vom Aufsatz ihres Kolle¬
gen Dr. Pfeifenberger.

Der AStA Münster führte - insbesondere wäh¬
rend der letzten zwei Jahre - einen beispielge¬
benden, konsequenten Kampf für die Ablösung
des Dr. Pfeifenberger. Doch erst nach Bekannt¬
werden des Urteils des Wiener Handelsgerich¬
tes wurden die dienstrechtlichen Konsequen¬
zen von der Wissenschaftsministerin in Düssel¬
dorf gezogen. Pfeifenberger wurde aufgrund
des Urteils eines Wiener Gerichts im Septem¬
ber 1997 fristlos entlassen. Doch das Arbeits¬
gericht Münster revidierte dieses Uneil (Das
Wissenschaftsministerrum hat dagegen be¬
rufen.) Die „Deutsche Nationalzeitung“
(Nr.17/17. April 1998, Seite 2) berichtete:
Etappensieg für Prof. Pfeifenberger/Fristlose
Lehramtskündigung aufgehoben

Professor Dr. Werner Pfeifenberger, Hoch¬
schullehrer in Münster/Westfalen, hat gewagt,
was auch einige Professoren nach Hitlers
Machtübernahme 1933 gewagt haben: Mei¬
nungen zu äußern, die nicht auf offizieller Linie
liegen. Und es ist ihm ergangen, wie es 1933
politisch „nicht korrekten“ Hochschullehrern
widerfuhr. Er ist auf Geheiß der politisch
Mächtigen aus dem Amt geworfen worden ...
So hat das Arbeitsgericht Münster jetzt die von
der NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn
(SPD) verfügte fristlose Kündigung Professor
Pfeifenbergers aufgehoben. Dem Gerichtsbe¬
schluß zufolge muß das Land Nordrhein-West¬
falen den Politikwissenschaftler weiter be¬
schäftigen; ihm vorenthaltene Gehaltssummen
müssen nachbezahlt werden.

Die Blockwarte der „politicalcorrecmess“ ha¬
ben inzwischen angekündigt (‚Scheiß was aufs
Gericht!“) die Rückkehr des Professors ins
Lehramt verhindern zu wollen ... „‚Antifa"-Ak¬
tivisten kündigen Pfeifenberger einen „heißen
Empfang“ an.

Der Professor war unter anderem wegen eines
Beitrages für das österreichische FPÖ-Jahr¬
buch ins Fadenkreuz geraten. Verlaufs zeitge¬
schichtlicher Darlegungen hatte er darauf hin¬
gewiesen, daß es „jüdische Kriegserklärun¬
gen“ an das 1933 zur Macht gekommene Hit¬
ler-Regime gegeben habe. Obwohl auch jüdi¬
sche Publizisten wie Arno Lustiger mit Stolz auf
den entschlossenenen, teils auch militanten Wi¬
derstand jüdischer Menschen gegen die Hitler¬
Diktatur von Anfang an hinweisen, wird dies

bei Pfeifenberger als ,,perfider Antisemitis¬
mus“ ausgelegt.

Als ich von der AStA eingeladen war, in Mün¬
ster an einer Podiumsdiskussion über Werner
Pfeifenberger teilzunehmen, konnte ich mich
überzeugen, daß ein großer Teil der deutschen
Studenten nicht gewillt ist, ,, Naziténe“ zu dul¬
den. Das und die mir aus Deutschland zuge¬
kommenen Zeichen der Solidarität machen mir
Mut.

Es hat Sinn, der rechtsextremen Agitation —
besonders der in getarnter Form — entgegenzu¬
treten, denn mit Konsequenz und Ausdauer
können Erfolge erzielt werden.

Karl Pfeifer, geboren 1928 in Baden bei Wien.
1938 Flucht nach Ungarn. 1943 mit einer Ju¬
gendgruppe nach Palästina. Erziehung in ei¬
nem Kibbuz. Meldete sich 1946 freiwillig in den
Palmach, Stoßtruppe der Hagana, und diente
bis 1950 im Militär. 1951 Rückkehr nach Wien.
Weil rückkehrende Juden von der Republik
Österreich nicht als „Heimkehrer“ anerkannt
wurden, ist seine erste Unterkunft ein Schlaf¬
saal für 50 Personen im Asyl Meldemann¬
straße. Im ORF-Film der ,,Amtsweg“ wurde
dieser Empfang auch gezeigt. In den Jahren
1952-54 absolvierte er eine österreichische
Hotelfachschule und arbeitete im In- und Aus¬
land in diesem Fach.

1979 begann Pfeifer in der ‚Arbeiter-Zei¬
tung“, im ‚Wiener Tagebuch“ und im ‚Neuen
Forvm“ (unter Pseudonym) über Ungarn zu
schreiben, was ihm vier Ausweisungen aus die¬
sem Nachbarland brachte. Von 1982 bis 1995
Redakteur der GEMEINDE, des offiziellen Or¬
gans der Israelitischen Kultusgemeinde Wien
und Mitarbeiter verschiedener Zeitungen. Seit
Anfang der 90er Jahre ist Pfeifer Korrespon¬
dent des israelischen Radios in Wien. — Publi¬
kationen: „Kroatien, der Vatikan und die Ju¬
den“ im Sammelwerk ‚Antisemitismus in Ost¬
europa“, Picus-Verlag 1992, und ‚Nicht im¬
mer ganz bequem“, Apfel-Verlag, Wien 1996.

Anmerkungen

1 ‚Die Umerziehungsexperten des Zweiten
Weltkrieges erfanden dafür den mit politischen
Aufträgen und ideologischen Auflagen verse¬
henen Zeitgeschichtler, dessen Nützlichkeit vor
allem darin besteht, daß er historische ‘Schuld’
verläßlich immer an der ideologisch gewünsch¬
ten Stelle ortet.“

2 Werner Pfeifenberger bemerkte dazu:
„Auch ist es sachlich nicht gerechtfertigt, von
einer “Mär vom jüdischen Krieg gegen
Deutschland’ zu schreiben, weil es derartiges
vom gedanklichen Ansatz tatsächlich gegeben
hat. So trug die Titelseite des Daily Express
vom 24. März 1933 die Überschrift: ‘JUDEA
DECLARES WAR ON GERMANY’.“ Eine
Fußnote im Artikel des Werner Pfeifenberger
lautet: „Gemäß den Ergebnissen der letzten
freien Reichstagswahl im März 1933 dachte die
Mehrzahl der Deutschen damals immerhin
noch nicht nationalsozialistisch, wurde gleich¬
wohl aber in die jüdische Kriegsdrohung [be¬
tont von mir, K.P.] mit eingeschlossen.“

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