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Greta Elbogen
Denkt an uns
Gedichte

Eine Mutter 1939

Auf der Flucht von Wien nach Csorna und Budapest

Warum erinnere ich mich nicht an süße Wiegenlieder
oder an die sanften Worte grenzenloser Liebe,
Mutter, von dir?

Bist du es, die mit harter Bürste
die Windpocken abrieb

von meinem kleinen Körper 1939?

Hast du mein hübsches Gesicht nicht gesehen
meinen lieblichen Körper

meine Unschuld

meine Fieberglut?

Hättest du mich nicht ein einziges Mal
umarmen können voll Stolz und Freude?

Wiegenlieder, ach ja.

Wäre doch schön gewesen!

Aber was ich sehe, ist

die rasende Angst in meiner Mutter Augen.

Kannst du mich nicht sehen, größerer Bruder

Erinnere dich, Bruder:

Ich das Baby, ein, zwei, drei, Jahre alt,

du, mein großer Bruder, acht, neun, zehn Jahre.
Komm, heb mich hoch.

Nimm mich mit in den Park,

zur Sandkiste und zum Schaukeln.

Blase einen Luftballon für mich auf,

wirf mir einen Ball zu.

Warum bin ich so allein?

Verlassen in meinem Bettchen?
Sieht mich denn niemand?

16 _ ZWISCHENWELT

Heimkommen

Winter 1945

Konnte das wahr sein,

getrennt zu werden mit sieben Jahren?
Konnte das wahr sein,

einen ganzen Winter zu frieren, zu hungern,
versteckt sein?

Konnte das wahr sein?

Als mich ein Wunder an die Tür meiner Mutter führte,
erklärte sie, daß es keinen Platz für mich gebe.

Konnte das wahr sein?
Dass die Liebe sich versteckte,

zu sehen, wer ihn sucht und ihn findet,
diesen magischen Stoff der Heilung.