Wilhelm Droste, Eva Zädor (Hg.): Pecs. Ein
Reise- und Lesebuch. Wien, Wuppertal: Arco
2010. 384 S. (Buchveröffentlichung von Drei
Raben. Zeitschrift für ungarische Kultur).
Wenn man es nicht richtig ausspricht, wird das
stidungarische Pécs leicht mit jenem Becs verwechselt,
welches im Osten Österreichs liegt und Wien heifst.
Anlaß für das Lesebuch, das sich der Geschichte und
dem heutigen Leben der Stadt von vielen Seiten
nähert, war P£cs als „Kulturhauptstadt Europas“
2010. U.a. stellt Christof Haacker die Geschichte
der in den Adelsstand erhobenen jüdischen Familie
Engel de Jänosi dar, die durch ihre gewerblichen
und industriellen Unternehmungen sehr viel zur
modernen Entwicklung der Stadt beigetragen hat
- vgl. dazu auch Leonhard Kühschelms „Von Peter
Engel (1773 — 1823) zu Peter Engel de Jänosi (*
1928): Auf den Spuren einer jüdischen Familie in
Ungarn“ in ZW Nr. 4/2007). Ein Buch, das einen
anderen Geist Ungarns atmet als den von Jobbik
und Jammer um Trianon.
Wilhelm Baum, Peter Gstettner, Hans Haider,
Vinzenz Jobst, Peter Pirker (Hg.): Das Buch der
Namen. Die Opfer des Nationalsozialismus in
Kärnten. Klagenfurt, Wien: Kitab 2010. 847 S.
Hanns Eisler: Briefe 1907-1943. Hg. von Jürgen
Schebera und Maren Köster. Wiesbaden, Leipzig,
Paris: Breitkopf & Hartel 2010. 532 S. (Hanns
Eisler Gesamtausgabe. Hg. von der Internationalen
Hanns Eisler Gesellschaft. Serie IX. Schriften.
Bd. 4.1). Euro 39,80
‘Thomas Geldmacher, Magnus Koch, Hannes
Metzler, Peter Pirker, Lisa Rettl (Hg.): „Da machen
wir nicht mehr mit“. Österreichische Soldaten
und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht.
Wien: Mandelbaum Verlag 2010. 236 S.
Elisabeth Lebensaft, Christoph Mentschl: „Are
you prepared to do a dangerous job?“ Auf den
Spuren österreichischer und deutscher Exilanten
im britischen Geheimdienst SOE. Wien: Verlag
der Österr. Akademie der Wissenschaften 2010.
296 S. Euro 25,90
Josef Martin Presterl: Im Schatten des Hoch¬
schwab. Skizzen aus dem steirischen Widerstand.
Hg. von Heimo Halbrainer und Karl Wimmler.
Mit einem Nachwort von H. Halbrainer. Graz:
Clio 2010. 376 S. Euro 18,¬
Über J.M. Presterl (1916 - 1948) und sein tragisches
Schicksal berichtete H. Halbrainer schon einmal in
ZW Nr. 3/2007. Aus dem KZ Dachau nach Graz
zurückgekehrt, befragte Presterl hunderte Zeugen des
Widerstandes und verfafste das Buchmanuskript, das
nun durch einen Zufall wieder zum Vorschein kam
und endlich veröffentlicht wurde. Im Anhang finden
sich die von den Herausgebern zusammengetragenen
Kurzbiographien steirischer WiderstandskämpferIn¬
nen, die von Presterl erwähnt worden sind.
Lotte Weiss: Meine zwei Leben. Erinnerungen
einer Holocaust-Überlebenden. Hg, von Ben Weiss
und Margit Wolfsberger. Aus dem Engl. von Illona
Delamare. Mit einem wissenschaftlichen Beitrag
von Eduard Niznansky: Der Holocaust und die
Slowakei. Mit einer Chronik der Judenverfolgung
in der Slowakei von Jana Nenéevova. Wien: Lit
Verlag 2010. 205 S. (Beigelegt eine Bild-CD mit
Interview mit Lotte Weiss).
Zu Martin Krists kritischen Anmerkungen zum
„Literaturmuseum Altaussee“ in ZW Nr. 2/2010,
S. 4:
... das Heft DIVERSIONEN eurer schönen
Zeitschrift enthält wieder Überraschungen und
Kleinodien. Die Seiten über meinen engsten
Landsmann Benyo&tz, siebzehn Jahre nach mir
in Wiener Neustadt zur Welt gekommen, dazu
die Wiederauferstehung des genialen Kraftmei¬
ers Axl Leskoschek, Unbekanntes über Weyr,
Vater und Sohn - eine satte Wiese. Zu Martin
Krists halber Seite über Alt Aussee möchte ich
allerdings einiges nachtragen, da ich vom Mai
1945 an, nach meiner Abrüstung, dort lebte,
den versprengten Familien als Nachhilfelehrer
die noch nicht funktionierende Schule ersetzte
und engster Mitarbeiter des todkranken Verle¬
gers Wilhelm Kubié war. Nach qualvollen Mo¬
naten verstarb er 1948 an Speiseröhrenkrebs,
sein Verlag aber [„Österreichischer Verlag für
Belletristik und Wissenschaft“, gegründet 1945]
überlebte ihn und brachte unter der Aegide
des Nadler-Assistenten Dr. Gerhard Stenzel in
Salzburg einwandfreie Sammelbände zur deut¬
schen Literaturgeschichte heraus, die damals
auch aus Gründen der Volksbildung in ganz
Westösterreich willkommen waren.
Das Ausseerland gebärdete sich in diesen
Monaten wie die Keimzelle einer neuen Re¬
publik, wozu die cher zufällige Anwesenheit
verschiedener Prominenzen beitrug: bekannte
Ärzte, vielbeschäftigte Maler wie Anton Filkuka,
der im Stil der NS-Nuditäten seine ganze Villa
mit naturalistischen Aktbildern von Frau und
Tochter geschmückt hatte. Selbstgefällig, aber
kundig führte die Filmausstatterin Ilse Dubois
das große Wort, und Hans Unterkirchner führte
seine steife Offiziersgestalt im Ort spazieren. Die
düsterste Erscheinung war eine leicht angegraute
Eminenz namens Hotter (er führte auch andere
Namen), stets mit zwei furchterregenden Hun¬
den bewehrt. Warum dies so war und was er
fürchtete, erklärte uns Jahrzehnte später Lord
Weidenfeld in seinen Memoiren.
Landgrebes Roman „Von Dimitrowsk nach
Dimitrowsk“ hat Martin Krist nicht gelesen,
was ihm nicht zu verdenken ist: das Buch blieb
unbeachtet, ist heute verschollen, blieb aber bis
etwa 1960 neben einigen Novellen von Horst
Lange das beste, was über den Zweiten Weltkrieg
an belletristischer Prosa veröffentlicht wurde.
Daß Erich Landgrebe im Verein mit einigen
anderen Konjunkturrittern den Zsolnay Verlag
in die Hand zu bekommen versuchte, ist richtig;
daß er schon Jahre vor dem Anschluß (den ich
absichtlich nicht in Anführungszeichen setze)
mit der NSDAP sympathisierte, hat er mit der
gesamten österreichischen Literatur, ausgenom¬
men Alexander-Lernet-Holenia, gemeinsam; eine
Innere Emigration gab es in unserem kleinen
Land allenfalls wohlverborgen: George Saiko
in der Albertina, Ernst Jirgal in der ‚Schule am
Turm‘, Otto Basil in einer unverdächtigen Firma
und einige wenige andere. Raoul Auernheimer,
1948 in Kalifornien verstorben, würde tatsächlich
seine Gasse verdienen, nicht in Alt Aussee, wo
er nicht hinpaßte, sondern auf der Wieden, wo
er seine munteren Bücher schrieb.
Das Ausseerland erlebte übrigens eine durchaus
bemerkenswerte literarische Auerstehung mit
der großartigen Barbara Frischmuth aus dem
Seehotel: Alsich 1955 dort logierte, zeigte man
mir hofinungsvoll ihre ersten Gedichte, heute hat
sie mich überzeugend überrundet. Der Grundl¬
see wurde in schöpferischen Spaziergängen von
Reinhard Federmann und Michael Kehlmann,
genannt Mischa, umrundet und in gewissem
Sinn Geburtsort öserreichischer Monumente wie
der Kehlmann-Filme nach Josef Roth. Bruno
Brehm ist trotz eines beschilderten Wegerls dem
gegenüber wohl in der Minderheit.
Hermann Schreiber, München, 28.11. 2010
Offenbar zählt Hermann Schreiber die durch
Austrofaschismus und Nationalsozialismus Ver¬
triebenen nicht zur „gesamten österreichischen
Literatur“. Ein lapsus linguae? Die Red. bittet
ihrerseits um Aufklärung und weist aufden 1998
als Jahrbuch der Theodor Kramer Gesellschaft er¬
schienenen umfangreichen Sammelband „Literatur
der ‚Inneren Emigration‘ aus Österreich“ hin (hg.
von Johann Holzner und Karl Müller, 473 Seiten).
Zu Thomas Weyrs „Die zerstörte Stadt“, Auszug
aus dem Manuskript „Die ferne Stadt“, zusam¬
mengestellt von Martin Krist, in ZW Nr. 3/2010,
5. 10-11:
In der letzten Nummer ZW bekrittelt Martin
Krist zurecht, dass im Literaturmuseum Altaussee
allerlei braune Wichte (Bruno Brehm et al.)
ungeniert glänzen dürfen und mahnt „mehr
Feingefühl“ bei den Verantwortlichen ein. Eine
Gelegenheit, selbst „Feingefühl“, sprich histo¬