Lieber-Freund Adolf Schmetterling :
Das ware der richtige Name fur Sie, was meinen Sie,
Ich bin recht deprimiert--weil Leute solche Idioten
sind, Ich habe ein 4 Studiges TV geschrieben, Lackner
war begeistert, wollte es in Deutsch und Elglisch na¬
chen,das Datum war schon fur Marz festgesetzt,..und plotz
lich kommt der Herr Dramaturg (ich kenne seinen Namen
nicht )dann hat man die Frau Venevievicz gerufen, es zu
korrigieren, .kurz--die Sache ist aus. Ich gebe solche
Changes nicht zu. Es war alles unkorrekt und gemein.
Glauben Sie,dass ich etwas aud diese Weise dort in Ber¬
lin oder Munchen unternehmen konnte? Wenn so eine Sa¬
che in Hollywood gefallt,kann man einen Vertrag auf
eine ganze Serie bekommen, Zum Beispiel:Der Schutzengel
--nicht mit der Emo,,die ist unverlasslich und nicht zu
haben,Die ist mit Ihrem Buch und meinem Sommerhemd durch:
gebrannt.Ich kann mich nicht erinnern wer Elisabeth
Hitzenberger ist--sorry. Der Hornisch hat angerufen,
aber da ich nicht wusste wer er war,habe ich nur so
unverbundlich etwas gesprochen--ich weiss garnicht was
Herr Puluj suchte mich eingemale auf,aber es ist un¬
empt
interressant--nur mpky talk,
Mir ist jetzt nach der,
Sache mit Lackner sehr miess und auch gesundheitlich-¬
so haben wir mit Dodo beschlossen,alles anzuscheissen
und nur so herumlungern....bis die Nemesis uns erwischt,
Bis Sie kommen,rufen Sie mich an--and meanwhile--haben
Sie sich recht gut und geniessen Sie das Leben, bever
es so hesslich wird wie das meinige.
hatte Hugo Haas, seitdem sie zum UFA-Star wurde, keinerlei
Kontakt mehr zu ihr. Lida Baarovä lebte in den Sechzigerjahren
unter dem Namen Ludmilla Lundwall als Frau eines Arztes in
Salzburg, wo ich sie kennengelernt und mehrmals besucht habe.
Ein anderer befreundeter tschechischer Filmregisseur, Frantisek
Cäp - auch er ein Emigrant, er fliichtete 1948 nach der Macht¬
übernahme durch die Kommunisten in die BRD, wo er seine
Karriere bei Film und Fernsehen erfolgreich fortsetzen konnte
— hatte mich zu ihr geschickt, weil er mit der Idee spielte, ein
Buch oder einen Film über ihr Leben zu machen. Lida Baarovä
hatte zu jener Zeit jede Hoffnung auf ein Comeback aufgegeben;
bei Tourneetheater-Auftritten, wo sie auf Plakaten, die bei ihr zu
Hause an der Wand hingen, als „berühmter UFA-Star“ angekün¬
digt war, wurde sie vom Publikum erbarmungslos ausgepfiffen...
Bei den Begegnungen mit ihr kam ich natürlich NICHT auf die
so oft schon breitgetretene Goebbels-Affäre zu sprechen — doch
sie kam von sich aus, geradezu zwanghaft, auf diese für sie so
schicksalhafte Angelegenheit zurück.: Ja, es wäre eine „amour
fou“ gewesen, von beiden Seiten und unerklärlich, schließlich
war der Minister alles andere als ansehnlich mit einem Klumpfuß
behaftet und nicht einmal ein „arisch“ wirkender Typ. Es konnte
also nur die Verlockung von Macht und Luxus gewesen sein, die
ja — wie man weiß - erotisierend wirken können...
Als ich Hugo Haas erwähnte, daß sich die Baarovä über ein
Wiedersehen mit ihm freuen würde aber nicht wage, den Schritt zu
tun, zeigte er sich milde und versöhnlich - aber sie müßte zu ihm
nach Wien kommen. Ich wollte wissen, was er ihr zu sagen hätte
nach so vielen Jahren, aber es wäre nur eine Frage: „Liduschka,
wie konntest Du nur...?“
Zu der Wiederbegegnung ist es aber nie gekommen.
Im Dezember 1963 zeigte die „Gesellschaft der Filmfreunde Ös¬
terreichs“ in Anwesenheit von Hugo Haas seinen Film „Born to
be Loved“, der wiederum die von ihm bevorzugte Konstellation
zum Inhalt hat — liebenswerter älterer Mann (Haas) gerät ver¬
hängnisvollerweise an ein blondes großgewachsenes Mädchen
(diesmal mit einer ehemaligen „Miss Universe“ besetzt). Die Idee
war, Hugo Haas und seine Filme österreichischen Filmleuten
bekannt zu machen. Die Rechnung ging aber nicht auf, der kleine
Vorführraum in der Sensengasse war nur halb voll - und die er¬
hofften Produzenten haben sich auch nicht gemeldet. Haas hatte
noch eine Reihe von Projekten, die er realisieren wollte. Aber er
war mißtrauisch geworden, nachdem er in Rom, der damaligen
Filmhauptstadt Europas, in der er sich niederlassen wollte, in sei¬
nem Glauben einen Co-Produktionspartner gefunden zu haben,
bitter enttäuscht worden war.
Schließlich entschied er sich für Wien, wo es doch noch zu einer
Zusammenarbeit mit Helmut Pfandler und seiner WDS-Film
kam: Es war nur ein kleiner, bescheidener Fernsehfilm, der dann
auch einmal ausgestrahlt wurde aber sofort in Vergessenheit ge¬
riet. Beide Partner hatten sich mehr von der Zusammenarbeit
erwartet und Hugo Haas verlor danach die Lust, sich für weitere
Filmprojekte abzumühen. Er zog es vor, als Privatier zusammen
mit seinem Pudel das Beste aus den Jahren zu machen, die ihm
noch blieben.
In seiner Wohnung bewahrte Hugo Haas etwas auf, das er als
seinen größten Schatz betrachtete und stolz seinen Besuchern
zeigte, von denen er sich Verständnis dafür erwarten durfte: Es
war ein großes hölzernes Zahnrad und es stammte aus der De¬
koration für Chaplins berühmten Film „Moderne Zeiten“ — ein
Teil des Räderwerks, in das der ewige Vagabund Charlie, dies¬
mal als Fließbandarbeiter, gerät und von der unmenschlichen
Maschinerie zermalmt zu werden droht. Haas hatte es in dem
berühmten Chaplin-Atelier in der La Brea Avenue gefunden,
wo er sich kurzzeitig eingemietet hatte, nachdem es Chaplin —
als Kommunist verfolgt und bedroht - verlassen und sich nach
Europa abgesetzt hatte.
Eine kaum bekannte Episode aus dem Leben von Hugo Haas -er
hat sie mir aber erzählt — die auf den ersten Blick nicht unbedingt
zu seinem Image passen will, das er in seinen Filmen und im
persönlichen Umgang vermittelte, könnte einem Chaplin-Film
entnommen sein: In einem Fernsehstudio soll er mit einem dun¬
kelhäutigen Schauspieler zusammengebracht werden, mit dem er
eine Szene zu spielen hat (ich glaube, es war Sammy Davis jr.). Als
die beiden vor versammelter Crew einander vorgestellt werden,
schreit ihn der Schwarze an: „You dirty jew!“ Und Hugo Haas
mit haßverzerrtem Gesicht: „You mother-fucking nigger!“ Alles
erstarrt, der Skandal ist perfekt. Doch es war alles vorher abge¬
sprochen, die beiden laufen aufeinander zu, umarmen einander
lachend... Die Zuschauer bleiben erleichtert aber ratlos zurück.